Aberkennung der Beamtenpension – nach einem ausländischen Strafurteil
Tatsächliche Feststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils sind im sachgleichen Disziplinarverfahren grundsätzlich auch dann bindend, wenn es sich um ein Urteil eines ausländischen Strafgerichts handelt. Ausnahmen bestehen – wie bei deutschen Strafurteilen – dann, wenn die Feststellungen offenkundig unrichtig sind.
In dem hier vom Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschiedenen Fall wandte sich ein Ruhestandsbeamter gegen die Aberkennung des Ruhegehalts. Er war von einem slowakischen Gericht rechtskräftig wegen des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt worden. Das Strafurteil wurde zunächst in der Slowakischen Republik und sodann im Bundesgebiet vollstreckt.
Im sachgleichen Disziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht Freiburg im Breisgau dem Ruhestandsbeamten das Ruhegehalt aberkannt1. Die dagegen gerichtete Berufung hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim zurückgewiesen2. Das Bundesverwaltungsgericht hat nun auch die Revision des Ruhestandsbeamten zurückgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt:
Den tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen ausländischen Strafurteils kommt im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, grundsätzlich Bindungswirkung zu. Das Disziplinargericht hat aber dann den Sachverhalt selbst zu ermitteln, wenn die tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts offenkundig unrichtig sind, etwa weil sie unter Verletzung rechtsstaatlicher Mindeststandards zustande gekommen sind. Dies folgt aus der Auslegung der einschlägigen Vorschrift – hier § 57 Abs. 1 Bundesdisziplinargesetz – unter Beachtung der Verfahrensgarantien, die das Grundgesetz, die Europäische Menschenrechtskonvention und das Unionsrecht vorgeben (insbesondere Gesetzesvorbehalt, rechtliches Gehör, faires Verfahren). Dabei kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass die Verfahrensgarantien eines EU-Mitgliedstaates rechtsstaatlichen Mindeststandards genügen.
Im konkreten Fall erweisen sich die tatsächlichen Feststellungen im slowakischen Strafurteil nicht als offenkundig unrichtig. Zentrale Erfordernisse des fairen Verfahrens – etwa Dolmetscherleistungen, genügende Sachverhaltsaufklärung, auch durch medizinische Sachverständige zur Klärung der Schuldfähigkeit, und das Recht, die Belastungszeugen vor dem Strafgericht zu befragen – hat das slowakische Strafgericht beachtet.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 19. April 2018 – 2 C 59.16