Die versagte flugmedizinische Sondergenehmigung – als dienstliche Maßnahme?

Die Versagung einer flugmedizinischen Sondergenehmigung für den Angehörigen der Besatzung eines militärischen Luftfahrzeugs (Wehrfliegerverwendungsfähigkeit Grad III) ist keine dienstliche Maßnahme im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO.

Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO kann mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung nur geltend gemacht werden, dass eine dienstliche Maßnahme oder deren Unterlassung rechtswidrig sei. Merkmal einer Maßnahme in diesem Sinne ist (u. a.), dass sie unmittelbar gegen den Soldaten gerichtet ist oder – obwohl an andere Soldaten gerichtet – in Form einer Rechtsverletzung oder eines Pflichtenverstoßes in seine Rechtssphäre hineinwirkt. Überlegungen, Bewertungen, Stellungnahmen oder Zwischenentscheidungen, die lediglich der Vorbereitung von truppendienstlichen Maßnahmen oder Personalmaßnahmen dienen, sind hingegen als Elemente innerdienstlicher Willens- und Meinungsbildung noch keine die Rechte eines Soldaten unmittelbar berührenden Maßnahmen; sie sind infolgedessen einer selbständigen gerichtlichen Nachprüfung nicht zugänglich1.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stellen das Ergebnis einer ärztlichen Begutachtung und die (ablehnende) Entscheidung über die Erteilung einer ärztlichen Ausnahmegenehmigung hiervon grundsätzlich keine selbstständig anfechtbaren Maßnahmen, sondern jeweils einen lediglich vorbereitenden verfahrensinternen Schritt für die Entscheidung der personalbearbeitenden Stelle dar. Erst gegen die auf die ärztliche Stellungnahme gestützte Verwendungsentscheidung kann der Soldat gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen. Im Rahmen des Rechtsschutzes gegen die Personalmaßnahme wird auch das Ergebnis einer vorbereitenden ärztlichen Begutachtung – inzident – überprüft2.

Den Maßnahmecharakter und die isolierte Anfechtbarkeit des Ergebnisses einer ärztlichen Begutachtung – neben der davon unberührten Möglichkeit einer inzidenten Überprüfung – hat das Bundesverwaltungsgericht bisher lediglich hinsichtlich der Wehrfliegerverwendungsfähigkeit eines Luftfahrzeugführers bejaht3.

Ausgehend von diesen Maßstäben stellt die Versagung einer flugmedizinischen Sondergenehmigung durch das A. keine mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung selbstständig anfechtbare Maßnahme dar.

Gegen die Qualifikation als selbstständig anfechtbare Maßnahme im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO spricht zunächst die – für ärztliche Begutachtungen der Verwendungsfähigkeit generell geltende – Erwägung, dass die entsprechende ärztliche Untersuchung nicht abstrakt erfolgt, sondern einer beabsichtigten Personalmaßnahme (z. B. Versetzung, Ablösung von einer bestimmten Verwendung, Entscheidung über eine Laufbahnzulassung) vorgeschaltet ist; die ärztliche Begutachtung muss daher in aktuellem zeitlichem Zusammenhang mit der beabsichtigten Personalmaßnahme stehen und sich an den gesundheitlichen Anforderungen orientieren, die für die jeweils in Rede stehende Verwendung gelten. Es ist deshalb sinnvoll, wenn die eine bestimmte Personalmaßnahme vorbereitende ärztliche Untersuchung auch rechtlich nicht von dieser isoliert wird. Der Rechtsschutz des betroffenen Soldaten wird hierdurch nicht verkürzt. Denn im Rahmen des die Personalmaßnahme betreffenden Rechtsschutzes (Anfechtung einer belastenden Maßnahme oder Antrag auf Verpflichtung zum Erlass einer begünstigenden Maßnahme) wird das Ergebnis der ärztlichen Begutachtung, soweit es die Entscheidung über die Personalmaßnahme beeinflusst hat, inzident mit überprüft4.

Etwas anderes folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur isolierten Anfechtbarkeit des Ergebnisses der Begutachtung von Luftfahrzeugführern, deren Wehrfliegerverwendungsfähigkeit verneint worden ist.

Nach dieser Rechtsprechung ist die Wehrfliegerverwendungsfähigkeit von Luftfahrzeugführern zwingende Voraussetzung für die Erteilung der Erlaubnis zum Führen eines Luftfahrzeugs; ihr Fehlen schließt den Einsatz als Luftfahrzeugführer und damit eine entsprechende militärische Verwendung des Soldaten aus5. Die Ablehnung stellt infolgedessen einen schwerwiegenden Eingriff in die Laufbahnerwartung des Soldaten dar; die damit verbundene Ablösung von der fliegerischen Verwendung würde im außermilitärischen Bereich als Berufswechsel angesehen werden6.

Darüber hinaus ist das Ergebnis der ärztlichen Begutachtung der Wehrfliegerverwendungsfähigkeit eines Luftfahrzeugführers auch für die Erteilung und Verlängerung militärischer Erlaubnisse zum Führen von Luftfahrzeugen von Bedeutung7. Zur Begründung dieser Erwägung hat sich das Bundesverwaltungsgericht zwar auf § 27 Abs. 1 und 2 der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung (LuftVZO) i. d. F. der Bekanntmachung vom 10.07.20088 bezogen, wonach militärische Erlaubnisse zum Führen von Luftfahrzeugen in dem dort bestimmten Umfang auch für eine Tätigkeit in der zivilen Luftfahrt herangezogen und bei der Erteilung einer entsprechenden zivilen Lizenz ohne nochmalige Prüfung der Eignung und Befähigung berücksichtigt werden können. Diese Vorschriften sind zwischenzeitlich aufgehoben worden. An der vom Bundesverwaltungsgericht hervorgehobenen zusätzlichen Bedeutung sowohl für die spezifische Verwendung als Luftfahrzeugführer der Luftwaffe als auch für die Erteilung (im militärischen und zivilen Bereich wirksamer) luftverkehrsrechtlicher Erlaubnisse ändert dies indessen nichts. Sie besteht nach wie vor und lässt sich aus der Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und dem Bundesministerium der Verteidigung zur „Anrechenbarkeit von Kenntnissen, Erfahrungen und Fähigkeiten aus der militärischen Luftfahrt für den Erwerb einer zivilen Lizenz oder/und Berechtigung gemäß Art. 10 Verordnung (EU) Nr. 1178/2011“ vom 13.07.2018 ableiten. Diese Vereinbarung ist auf Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 der Europäischen Kommission vom 03.11.2011 zur Festlegung technischer Vorschriften und von Verwaltungsverfahren in Bezug auf das fliegende Personal in der Zivilluftfahrt gemäß der Verordnung (EG) Nr. 216/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates9 gestützt und geltende Grundlage der Berechtigung, die militärische Erlaubnis zum Führen von Luftfahrzeugen unter bestimmten Voraussetzungen auch für eine entsprechende Tätigkeit in der zivilen Luftfahrt fruchtbar zu machen.

Diese für Luftfahrzeugführer geltenden Erwägungen lassen sich auf den Antragsteller als Angehörigen einer Luftfahrzeugbesatzung nicht übertragen.

Die Versagung der Wehrfliegerverwendungsfähigkeit Grad III schließt den Antragsteller lediglich von einem speziellen Bereich seiner Tätigkeit als Luftfahrzeugmechaniker-Feldwebel aus. Die ebenfalls unter diesen generellen Tätigkeitsbegriff fallende Eignung als Fluggerätemechaniker ist dagegen nicht berührt. Die Versagung kommt damit keinem generellen Berufswechsel gleich. Der endgültige Ausschluss von jeder späteren höherwertigen Verwendung, insbesondere eine Beförderung in Spitzendienstposten seiner Laufbahngruppe, ist durch die Entscheidung ebenfalls nicht vorgezeichnet.

Die geltende Rechtslage sieht überdies die Berücksichtigung des von dem Antragsteller begehrten Militärluftfahrzeugbesatzungsscheins beim Erwerb einer zivilen Erlaubnis nicht vor. Weder die Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 noch die Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und dem Bundesministerium der Verteidigung vom 13.07.2018 regeln eine entsprechende Berechtigung.

Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 25. April 2023 – 1 WB 42.21

  1. stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.11.2014 – 1 WB 61.13, Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 91 Rn.20 []
  2. BVerwG, Beschluss vom 23.10.2012 – 1 WB 59.11, Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 84 Rn. 28 m. w. N. []
  3. vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 04.12.1974 – 1 WB 57.74, BVerwGE 46, 356; vom 07.02.1979 – 1 WB 54.78, BVerwGE 63, 190; und vom 14.07.2004 – 1 WB 4.04, Buchholz 311 § 17 WBO Nr. 55 []
  4. BVerwG, Beschluss vom 23.10.2012 – 1 WB 59.11, Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 84 Rn. 31 []
  5. BVerwG, Beschluss vom 14.07.2004 – 1 WB 4.04, Buchholz 311 § 17 WBO Nr. 55 S. 49 []
  6. BVerwG, Beschlüsse vom 07.02.1979 – 1 WB 54.78, BVerwGE 63, 190 <192> und vom 20.05.1999 – 1 WB 93.98 – NZWehrr 1999, 165 []
  7. BVerwG, Beschluss vom 23.10.2012 – 1 WB 59.11, Buchholz 450 § 17 WBO Nr. 84 Rn. 37 []
  8. BGBl I S. 1229 []
  9. ABl. L 311 S. 1 []