Einstweilige Anordnung im Konkurrentenstreit
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann sich in Konkurrentenstreitigkeiten um die Besetzung eines Dienstpostens ein Anordnungsgrund daraus ergeben, dass ein rechtswidrig ausgewählter Bewerber auf dem Dienstposten einen Erfahrungsvorsprung erlangt, der im Fall des Obsiegens des Antragstellers in der Hauptsache bei einer erneuten Auswahlentscheidung zu berücksichtigen wäre.
Ein insoweit beurteilungsrelevanter Erfahrungsvorsprung und damit ein Anordnungsgrund ist allerdings erst anzunehmen, wenn zwischen dem Dienstantritt des ausgewählten Bewerbers auf dem strittigen Dienstposten und der (noch zu treffenden) gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache ein Zeitraum von deutlich mehr als sechs Monaten liegt1.
So auch in dem hier vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall: Die Beigeladene war bereits vom 02.03.2020 bis zum 1.12.2020 auf dem Dienstposten eingesetzt und wird dort nunmehr seit dem 25.07.2022 erneut verwendet. In der Summe ist die Spanne von sechs Monaten vorliegend überschritten. Entgegen der Einschätzung des Bundesministeriums der Verteidigung handelt es sich bei der neuen Auswahlentscheidung nicht um die Vergabe eines anderen Dienstpostens. Zwar haben sich die Kriterien des Anforderungsprofils, aber nicht die Aufgaben des Dienstpostens und dessen Dotierung geändert. Diese Aspekte sind für die Frage nach dem Erfahrungsvorsprung ausschlaggebend, bezieht sich dieser doch auf die einschlägige Tätigkeit von beurteilungsrelevanter Dauer. Dass nach Auffassung der Beigeladenen ihr Erfahrungsvorsprung dem Antragsteller nicht entgegengehalten werden könne, ist unerheblich. Die Berücksichtigung einzelner Kriterien im Rahmen der Auswahlentscheidung liegt im pflichtgemäßen Ermessen der für die Auswahlentscheidung zuständigen Präsidentin des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr und steht nicht zur Disposition der Beteiligten.
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 21. Dezember 2022 – 1 W -VR 18.22
- stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29.04.2010 – 1 WDS-VR 2.10, Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 28 Rn.20 f.; und vom 19.12.2011 – 1 WDS-VR 5.11, BVerwGE 141, 271 Rn. 29 f. [↩]