Entschädigung für den wegen seiner Schwerbehinderung erfolglosen Stellenbewerber – und der Rechtsmissbrauch
Das Entschädigungsverlangen eines erfolglosen Bewerbers nach § 15 Abs. 2 AGG kann dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand (§ 242 BGB) ausgesetzt sein. Rechtsmissbrauch ist anzunehmen, sofern diese Person sich nicht beworben hat, um die ausgeschriebene Stelle zu erhalten, sondern es ihr darum ging, nur den formalen Status als Bewerber im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG zu erlangen mit dem ausschließlichen Ziel, Ansprüche auf Entschädigung und/oder Schadensersatz geltend zu machen.
Der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG setzt einen Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 AGG geregelte Benachteiligungsverbot voraus, wobei § 7 Abs. 1 AGG sowohl unmittelbare als auch mittelbare Benachteiligungen (§ 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG) verbietet. Das Benachteiligungsverbot in § 7 Abs. 1 AGG, das einen tatsächlichen und wirksamen rechtlichen Schutz der aus den Antidiskriminierungsrichtlinien des Unionsrechts hergeleiteten Rechte – hier die der Richtlinie 2000/78/EG, zu gewährleisten hat, untersagt im Anwendungsbereich des AGG eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen einer Behinderung. Zudem dürfen Arbeitgeber nach § 164 Abs. 2 Satz 1 SGB IX schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Im Einzelnen gelten hierzu nach § 164 Abs. 2 Satz 2 SGB IX die Regelungen des AGG1.
Das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG erfasst nicht jede Ungleichbehandlung, sondern nur eine Ungleichbehandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes. Das spezielle Benachteiligungsverbot des § 164 Abs. 2 Satz 1 SGB IX verbietet eine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung. Zwischen der Benachteiligung und einem in § 1 AGG genannten Grund bzw. zwischen der Benachteiligung und der Schwerbehinderung muss demnach ein Kausalzusammenhang bestehen2.
Soweit es – wie hier – um eine unmittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG geht, ist hierfür nicht erforderlich, dass der betreffende Grund das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist; vielmehr ist der Kausalzusammenhang bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG an einen Grund iSv. § 1 AGG bzw. an die (Schwer)Behinderung anknüpft oder durch diese/n motiviert ist, wobei die bloße Mitursächlichkeit genügt3.
§ 22 AGG sieht für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen im Hinblick auf den Kausalzusammenhang eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat4.
Danach genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist. Dabei sind alle Umstände des Rechtsstreits in einer Gesamtwürdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen5.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts begründet der Verstoß des Arbeitgebers gegen Vorschriften, die Verfahrens- und/oder Förderpflichten zugunsten schwerbehinderter Menschen enthalten, ua. der Verstoß des öffentlichen Arbeitgebers gegen die in § 165 Satz 3 SGB IX geregelte Pflicht zur Einladung eines/einer schwerbehinderten oder diesem/dieser gleichgestellten Bewerbers/Bewerberin zu einem Vorstellungsgespräch, regelmäßig die Vermutung einer Benachteiligung wegen der (Schwer)Behinderung. Diese Pflichtverletzungen sind nämlich grundsätzlich geeignet, den Anschein zu erwecken, an der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen uninteressiert zu sein6.
Ob die Arbeitgeberin – wie vom Stellenbewerber geltend gemacht – gegen Vorschriften verstoßen hat, die Verfahrens- und/oder Förderpflichten zugunsten schwerbehinderter Menschen enthalten, bedurfte im vorliegenden Fall keiner Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts. Allerdings spricht nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts alles dafür, dass die Arbeitgeberin von der Verpflichtung aus § 165 Satz 3 SGB IX, den Stellenbewerber überhaupt zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, nicht wegen einer von ihr behaupteten persönlichen Nichteignung des Stellenbewerbers befreit war.
Nach § 165 Satz 1 SGB IX melden die Dienststellen der öffentlichen Arbeitgeber den Agenturen für Arbeit ua. frühzeitig frei werdende und neu zu besetzende sowie neue Arbeitsplätze. Nach § 165 Satz 3 SGB IX werden schwerbehinderte Menschen, die sich auf einen solchen Arbeitsplatz beworben haben, zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Gemäß § 165 Satz 4 SGB IX ist eine Einladung entbehrlich, wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt.
„Offensichtlich“ fachlich ungeeignet iSd. § 165 Satz 4 SGB IX ist, wer unzweifelhaft dem fachlichen Anforderungsprofil der zu vergebenden Stelle nicht entspricht. Bloße Zweifel an der fachlichen Eignung rechtfertigen es nicht, von einer Einladung abzusehen, weil sich Zweifel in einem Vorstellungsgespräch ausräumen lassen können7. Lassen allerdings bereits die Bewerbungsunterlagen zweifelsfrei erkennen, dass die durch das Anforderungsprofil zulässig vorgegebenen fachlichen Kriterien nicht erfüllt werden, besteht für den öffentlichen Arbeitgeber keine Verpflichtung, den schwerbehinderten Menschen zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen8.
Darüber, dass dem Stellenbewerber nach seinen beruflichen Kenntnissen, Fertigkeiten und Erfahrungen die fachliche Eignung für die ausgeschriebene Stelle nicht offensichtlich fehlte, besteht unter den Parteien kein Streit.
Zwar hat das Bundesarbeitsgericht es – unter Geltung der mit § 165 Satz 3 und Satz 4 SGB IX wortgleichen Vorgängerbestimmungen in § 82 Satz 2 und Satz 3 SGB IX aF – bisher offengelassen, ob der öffentliche Arbeitgeber auch dann von der Verpflichtung entbunden ist, einen/eine schwerbehinderte/n Bewerber/in zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, wenn der/die Bewerber/in zwar nicht offensichtlich fachlich ungeeignet ist, ihm/ihr jedoch die persönliche Eignung in dem Sinne fehlt, dass er/sie nicht über charakterliche Eigenschaften verfügt, die für die ausgeschriebene Stelle von Bedeutung sind9.
Da die in § 82 Satz 3 SGB IX aF – inhaltsgleich nunmehr § 165 Satz 4 SGB IX – bestimmte Ausnahme mit dem Erfordernis der „offensichtlichen fachlichen Nichteignung“ eine abschließende Regelung enthält10, hat das Bundesarbeitsgericht allerdings angenommen, dass eine Befreiung des öffentlichen Arbeitgebers von der Einladungspflicht wegen fehlender persönlicher Eignung des/der schwerbehinderten Bewerbers/Bewerberin nur dann in Betracht gezogen werden könne, wenn sich die Einladung in einem solchen Fall als bloße Förmelei erweisen würde. Dies wiederum würde voraussetzen, dass die Besetzung der Stelle mit dem/der Bewerber/in offensichtlich aus Rechtsgründen ausscheide11, weil seine charakterlichen Mängel ein offensichtliches Einstellungs- bzw. Besetzungshindernis darstellen12.
Ein solches offensichtliches Einstellungs- bzw. Besetzungshindernis könnte etwa anzunehmen sein in Fällen, in denen dem Arbeitgeber wegen einschlägiger Vorstrafen eine Beschäftigung des Stellenbewerbers in der vorgesehenen Tätigkeit gesetzlich untersagt ist, wie beispielsweise nach § 72a SGB VIII (Tätigkeitsausschluss einschlägig vorbestrafter Personen bei der Wahrnehmung der Aufgaben in der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe) oder nach § 25 JArbSchG (ua. Verbot der Beaufsichtigung, Anweisung oder Ausbildung von Jugendlichen durch bestimmte Personen im Rahmen von Beschäftigungsverhältnissen iSd. § 1 JArbSchG).
Einen damit vergleichbaren Sachverhalt hat die Arbeitgeberin nicht dargetan. Darüber hinaus hatte sich die Arbeitgeberin mit dem Stellenbewerber in dem im Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht Bamberg am 27.02.2019 geschlossenen Prozessvergleich darauf verständigt, Vorwürfe, die in der Person oder im Verhalten des Stellenbewerbers lagen oder die gegenüber dem Stellenbewerber erhoben wurden, nicht weiter aufrecht zu erhalten. Bereits aus diesem Grund dürfte es der Arbeitgeberin verwehrt sein, sich gegenüber dem Entschädigungsverlangen des Stellenbewerbers im vorliegenden Verfahren auf eine Befreiung von der Einladungspflicht nach § 165 Satz 3 SGB IX aufgrund von charakterlichen Schwächen zu berufen, die sich in dem Verhalten des Stellenbewerbers in seinem früheren Arbeitsverhältnis gezeigt haben sollen.
Ob die Arbeitgeberin gegen Vorschriften verstoßen hat, die Verfahrens- und/oder Förderpflichten zugunsten schwerbehinderter Menschen enthalten, insbesondere ob ein Verstoß gegen die Verpflichtung aus § 165 Satz 3 SGB IX vorliegt, bedarf vorliegend indes keiner Entscheidung, weshalb auch dahinstehen kann, ob die diesbezüglichen Verfahrensrügen des Stellenbewerbers zulässig und begründet sind. Einem etwaigen Anspruch des Stellenbewerbers auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG steht der durchgreifende Einwand des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) entgegen.
Das Entschädigungsverlangen eines/einer erfolglosen Bewerbers/Bewerberin nach § 15 Abs. 2 AGG kann dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand (§ 242 BGB) ausgesetzt sein. Rechtsmissbrauch ist anzunehmen, sofern diese Person sich nicht beworben hat, um die ausgeschriebene Stelle zu erhalten, sondern es ihr darum ging, nur den formalen Status als Bewerber/in iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG zu erlangen mit dem ausschließlichen Ziel, Ansprüche auf Entschädigung und/oder Schadensersatz geltend zu machen13.
Nach § 242 BGB sind durch unredliches Verhalten begründete oder erworbene Rechte oder Rechtsstellungen grundsätzlich nicht schutzwürdig. Der Ausnutzung einer rechtsmissbräuchlich erworbenen Rechtsposition kann demnach der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehen14. Allerdings führt nicht jedes rechts- oder pflichtwidrige Verhalten stets oder auch nur regelmäßig zur Unzulässigkeit der Ausübung der hierdurch erlangten Rechtsstellung. Hat der Anspruchsteller sich die günstige Rechtsposition aber gerade durch ein treuwidriges Verhalten verschafft, liegt eine unzulässige Rechtsausübung iSv. § 242 BGB vor15.
Für das Vorliegen der Voraussetzungen, die gegenüber einem Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG die Einwendung des Rechtsmissbrauchs begründen, ist der Arbeitgeber darlegungs- und beweisbelastet16. Dieser muss deshalb Indizien vortragen und im Bestreitensfall beweisen, die den rechtshindernden Einwand begründen17.
Unter diesen engen Voraussetzungen begegnet der Rechtsmissbrauchseinwand nach § 242 BGB gegenüber Ansprüchen aus § 15 AGG auch keinen unionsrechtlichen Bedenken18.
Danach ist das Entschädigungsverlangen des Stellenbewerbers dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand (§ 242 BGB) ausgesetzt. Eine Würdigung sämtlicher Umstände unter Berücksichtigung insbesondere der Äußerungen des Stellenbewerbers in dem vor dem Arbeitsgericht Bamberg geführten Kündigungsschutzverfahren ergibt, dass es dem Stellenbewerber nicht darum ging, die ausgeschriebene Stelle zu erhalten, sondern dass er mit seiner Bewerbung nur die formale Position eines Bewerbers iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG erlangen wollte mit dem alleinigen Ziel, Ansprüche auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG geltend machen zu können. Dies kann das Bundesarbeitsgericht auch selbst beurteilen, da insoweit aufgrund des feststehenden Sachverhalts Entscheidungsreife gegeben ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Die Arbeitgeberin hat sich zur Begründung ihres Rechtsmissbrauchseinwands hauptsächlich auf Vorbringen des Stellenbewerbers in einem Schriftsatz vom 04.09.2018 berufen, den der Stellenbewerber – unstreitig – in dem zwischen den Parteien vor dem Arbeitsgericht Bamberg geführten und im Februar 2019 durch Prozessvergleich beendeten Kündigungsrechtsstreit eingereicht hat. In diesem – von ihm selbst verfassten – Schriftsatz hat der Stellenbewerber ua. – auch zur Begründung seines in dem betreffenden Rechtsstreit klageerweiternd erhobenen Anspruchs auf Zahlung einer Entschädigung – geltend gemacht, er habe während seiner Tätigkeit bei der Arbeitgeberin insbesondere durch Verhalten des Personalverantwortlichen der Arbeitgeberin K in mehrfacher Hinsicht Diskriminierungen erfahren. In diesem Zusammenhang hat der Stellenbewerber auf „Besonderheiten“ betreffend die „Person K“ verwiesen und dazu vorgetragen, er habe durch Äußerungen einer Kollegin Kenntnis von einer schweren Straftat erlangt, an der der Personalverantwortliche der Arbeitgeberin als Jugendlicher beteiligt gewesen und derentwegen dieser auch verurteilt worden sei. „Angst um Leib und Leben“ seien für ihn die Folge gewesen, die er – der Stellenbewerber – „zu seiner eigenen Sicherheit auch bei der Polizei habe anzeigen müssen“. Gedanken über mögliche körperliche Übergriffe durch den Personalverantwortlichen K hätten ihn belastet. Das – im Einzelnen näher ausgeführte – vom Stellenbewerber behauptete Gesamtverhalten der Arbeitgeberin und ihres Personalverantwortlichen habe in ein „von Anfang an gezielt beabsichtigtes Muster“ gemündet, das „im Volksmund als Mobbing“ bezeichnet werde. Seine beschriebenen „Erlebnisse“ und seine Behandlung im Arbeitsverhältnis mit der Arbeitgeberin hätten zu einer „kausalen Arbeitsunfähigkeit von 6 Wochen“ geführt. Da gegenteilige Anhaltspunkte nicht vorliegen, ist davon auszugehen, dass der Stellenbewerber in dem vor dem Arbeitsgericht Bamberg geführten Kündigungsschutzprozess sein Befinden während des früheren Arbeitsverhältnisses der Parteien wahrheitsgemäß dargestellt hat.
Wenn der Stellenbewerber aber – wie er geltend gemacht hat – im Arbeitsverhältnis mit der Arbeitgeberin „Angst um Leib und Leben“ verspürt hat, seine Erkrankung auch Folge dieser Angstzustände war und er sich – jedenfalls subjektiv – systematischen Anfeindungen ausgesetzt sah, kann nicht davon ausgegangen werden, dass ihm unter Inkaufnahme einer weiteren Schädigung seiner Gesundheit ernsthaft daran gelegen war, in das von ihm offensichtlich als äußerst belastend empfundene Arbeitsumfeld bei der Arbeitgeberin, deren Personalverantwortlicher unverändert Herr K war, zurückzukehren. Das gilt unabhängig davon, wer die im früheren Arbeitsverhältnis aufgetretenen vielfältigen Konflikte der Parteien verursacht hat.
Eine andere Bewertung ist auch nicht aufgrund der mehrfachen schriftlichen Bekundungen des Stellenbewerbers geboten, Interesse an der ausgeschriebenen Stelle zu haben. Diese Erklärungen stellen sich ausgehend von den Äußerungen des Stellenbewerbers in dem im Verfahren – 2 Ca 575/18 – vor dem Arbeitsgericht Bamberg eingereichten Schriftsatz vom 04.09.2018 über sein Empfinden im früheren Arbeitsverhältnis als bloßes „Lippenbekenntnis“ dar.
Der Annahme einer rechtsmissbräuchlichen Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs steht auch nicht das Vorbringen des Stellenbewerbers im Schriftsatz vom 14.02.2022 entgegen, mit dem er seine Revisionsbegründung ergänzt hat. Das gilt unabhängig davon, ob es sich um neuen Vortrag handelt, der im Revisionsverfahren grundsätzlich keine Berücksichtigung finden kann19.
Der Stellenbewerber hat insoweit, zusammengefasst – geltend gemacht, er habe mit seinen Bewerbungen versuchen wollen, die Arbeitgeberin doch noch von seiner Eignung zu überzeugen. Ihm sei von verschiedener Seite dringend empfohlen worden, sich weiterhin zu bewerben, da davon ausgegangen worden sei, dass die Amtszeit der Bürgermeisterin zum 1.05.2020 enden würde und ihm dann – bei entsprechendem Wechsel in der Verwaltungsführung – wieder bessere Chancen zu bescheinigen wären. Für ihn sei im Zeitpunkt seiner Bewerbung allerdings nicht absehbar gewesen, dass die Bürgermeisterin der Arbeitgeberin wiedergewählt werden würde.
Damit hat der Stellenbewerber jedoch zum einen keinen Vortrag geleistet, der erklären könnte, dass er ein ernsthaftes Interesse an der ausgeschriebenen Stelle hatte. Er hat insoweit nämlich nicht in Abrede gestellt, zum Zeitpunkt der Bewerbung in seinem Verhältnis zu dem Personalverantwortlichen der Arbeitgeberin K „Angst um Leib und Leben“ verspürt zu haben. Zum anderen offenbart das Vorbringen des Stellenbewerbers – ohne dass es hierauf entscheidungserheblich ankäme, zusätzliche Schwierigkeiten des Stellenbewerbers im Umgang mit der Bürgermeisterin der Arbeitgeberin, die entgegen seinen Erwartungen nach ihrer Wiederwahl das Amt weiterhin ausübt.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. Januar 2023 – 8 AZR 438/21
- zum Ganzen bspw. BAG 2.06.2022 – 8 AZR 191/21, Rn. 23 [↩]
- st. Rspr., zB BAG 2.06.2022 – 8 AZR 191/21, Rn. 26 mwN [↩]
- BAG 2.06.2022 – 8 AZR 191/21, Rn. 27; 25.11.2021 – 8 AZR 313/20, Rn. 23 mwN [↩]
- BAG 2.06.2022 – 8 AZR 191/21, Rn. 28; 25.11.2021 – 8 AZR 313/20, Rn. 24 mwN [↩]
- BAG 2.06.2022 – 8 AZR 191/21, Rn. 29; 1.07.2021 – 8 AZR 297/20, Rn.20 mwN, BAGE 175, 228 [↩]
- BAG 2.06.2022 – 8 AZR 191/21, Rn. 30; 25.11.2021 – 8 AZR 313/20, Rn. 26; 1.07.2021 – 8 AZR 297/20, Rn. 21, BAGE 175, 228; 27.08.2020 – 8 AZR 45/19, Rn. 29 mwN, BAGE 172, 78 [↩]
- BAG 11.08.2016 – 8 AZR 375/15, Rn. 36 mwN, BAGE 156, 107 [↩]
- BAG 11.08.2016 – 8 AZR 375/15, Rn. 37 mwN, aaO [↩]
- vgl. BAG 27.08.2020 – 8 AZR 45/19, Rn. 40 ff., BAGE 172, 78; generell zur Eignung nach Art. 33 Abs. 2 GG im engeren Sinne vgl. BVerfG 23.06.2015 – 2 BvR 161/15, Rn. 28 mwN; zur charakterlichen Eignung eines Stellenbewerbers als Unterfall der persönlichen Eignung vgl. BVerwG 20.07.2016 – 2 B 17.16, Rn. 26 mwN [↩]
- BAG 27.08.2020 – 8 AZR 45/19, Rn. 40, BAGE 172, 78; 11.08.2016 – 8 AZR 375/15, Rn. 50, BAGE 156, 107; 20.01.2016 – 8 AZR 194/14, Rn. 45 mwN [↩]
- vgl. BVerwG 15.12.2011 – 2 A 13.10, Rn. 26 [↩]
- BAG 27.08.2020 – 8 AZR 45/19, Rn. 40 bis 42, aaO [↩]
- BAG 31.03.2022 – 8 AZR 238/21, Rn. 37; 25.10.2018 – 8 AZR 562/16, Rn. 46 ff.; 26.01.2017 – 8 AZR 848/13, Rn. 123 ff. mwN; grundlegend BAG 19.05.2016 – 8 AZR 470/14, Rn. 32 ff., BAGE 155, 149 [↩]
- BAG 25.10.2018 – 8 AZR 562/16, Rn. 47; 17.03.2016 – 8 AZR 677/14, Rn. 44 mwN [↩]
- BAG 31.03.2022 – 8 AZR 238/21, Rn. 38; 25.10.2018 – 8 AZR 562/16 – aaO; 11.08.2016 – 8 AZR 4/15, Rn. 44 mwN, BAGE 156, 71 [↩]
- BAG 27.08.2020 – 8 AZR 45/19, Rn. 66, BAGE 172, 78; 25.10.2018 – 8 AZR 562/16, Rn. 48 [↩]
- BAG 31.03.2022 – 8 AZR 238/21, Rn. 39; 25.10.2018 – 8 AZR 562/16 – aaO [↩]
- ausführlich: BAG 25.10.2018 – 8 AZR 562/16, Rn. 49 ff.; EuGH 28.07.2016 – C-423/15 – [Kratzer] Rn. 35 ff. [↩]
- vgl. dazu BAG 18.09.2019 – 5 AZR 335/18, Rn. 39 [↩]