Keine Entschädigungen im NRW-Kopftuchstreit
Zwei Lehrerinnen, die aufgrund ihrer religiösen Überzeugung ein Kopftuch tragen, müssen vom Land Nordrhein-Westfalen nicht wegen Benachteiligung bei der Stellenbesetzung entschädigt werden.
In den beiden jetzt vom Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen entschiedenen Streitfällen hatten mehrere Lehrerinnen muslimischen Glaubens vom beklagten Land NRW die Zahlung einer Entschädigung nach dem im Jahr 2006 in Kraft getretenen Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz verlangt, weil sie wegen des – vom Bundesverfassungsgericht im Januar 2015 für verfassungswidrig erklärten – pauschalen „Kopftuchverbots“ im nordrhein-westfälischen Schulgesetz nicht ins Beamtenverhältnis übernommen worden seien. Dies sei eine unzulässige Benachteiligung aufgrund ihrer Religion.
- Die Klägerin im ersten Verfahrens1 ist wohnhaft in Köln und macht geltend, sie sei nach Beendigung ihres Referendariats 2007 und auch später wegen dieses „Kopftuchverbots“ nicht als Berufsschullehrerin eingestellt worden.
- Die in Marburg lebende Klägerin des zweiten Verfahrens2 ist 2004 (nur) im Angestelltenverhältnis eingestellt worden und hatte auch mit ihrem 2005 gestellten Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis keinen Erfolg; die Verbeamtung erfolgte erst im September 2015.
Das Verwaltungsgericht Köln hatte in beiden Fällen die Entschädigungsklagen abgewiesen3. Und auch die Berufungen blieben nun vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster ohne Erfolg:
Der Entschädigungsanspruch nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz setze zwingend eine Bewerbung voraus. Dass das pauschale „Kopftuchverbot“ im früheren nordrhein-westfälischen Schulgesetz eine unzulässige Diskriminierung darstelle, reiche nicht aus.
- Im ersten Verfahren habe die Klägerin sich zwar teilweise erfolglos beworben. Es sei aber nicht anzunehmen, dass das beklagte Land die Klägerin wegen des Kopftuchs nicht in den Schuldienst und ins Beamtenverhältnis übernommen habe. Dafür fehlten jegliche Indizien. Es sei schon nicht festzustellen, dass das beklagte Land als Dienstherr überhaupt davon gewusst habe, dass sie aus religiösen Gründen ein Kopftuch getragen habe. Bei manchen Stellenbesetzungsverfahren stehe sogar fest, dass die Klägerin nicht wegen ihrer religiösen Bekleidung, sondern aus anderen Gründen, etwa wegen der Examensnote oder aufgrund der Ergebnisse von Auswahlgesprächen, nicht zum Zuge gekommen sei.
- Im zweiten Verfahren könne die Klägerin keine Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz beanspruchen, weil sich die Benachteiligungshandlung vor dessen Inkrafttreten ereignet habe.
Ein daneben grundsätzlich in Betracht kommender unionsrechtlicher Haftungsanspruch scheide mangels eines Schadens ebenfalls aus. Ein finanzieller Nachteil sei nicht Gegenstand des Verfahrens, ein darüber hinausgehender Schaden sei nicht erkennbar.
Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat in beiden Fällen die Revision nicht zugelassen. Dagegen ist Nichtzulassungsbeschwerde möglich, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein -Westfalen, Urteile vom 7. Oktober 2019 – 6 A 2170/16 und 6 A 2628/16




