Konkurrentenstreit bei der Bundeswehr – und die Bestenauslese
Werden mehrere Bewerber allen Anforderungskriterien gerecht, so haben – in der Regel durch dienstliche Beurteilungen ausgewiesene – Abstufungen der Qualifikation Bedeutung1.
Zur Ermittlung des Leistungsstands konkurrierender Bewerber ist dabei in erster Linie auf die zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung aktuellsten Beurteilungen abzustellen, weshalb der letzten dienstlichen Beurteilung regelmäßig eine ausschlaggebende Bedeutung zukommt; zur abgerundeten Bewertung des Leistungs, Eignungs- und Befähigungsbildes und seiner Kontinuität ist es darüber hinaus zulässig, in die Auswahlentscheidung auch frühere Beurteilungen bis zu den beiden letzten planmäßigen Beurteilungen vor der aktuellen Beurteilung mit einzubeziehen.
Sind danach mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann im Rahmen sachgerechter Erwägungen auch sonstigen sachlichen Gesichtspunkten ein (gegebenenfalls) entscheidendes Gewicht für die Auswahl beigemessen werden, sofern dadurch das Gebot der Auswahl nach Eignung, Befähigung und Leistung nicht in Frage gestellt wird2.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können beim Vergleich der dienstlichen Beurteilungen der Bewerber Leistungsbewertungen als „im Wesentlichen gleich“ eingestuft werden, wenn sie im selben Wertungsbereich (§ 2 Abs. 5 und 6 SLV sowie Nr. 610 Buchst. b ZDv 20/6 bzw. nunmehr ZDv A-1340/50) liegen und sich der Unterschied der Bewertungen (Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung) in einem begrenzten Rahmen hält3. Bei „im Wesentlichen gleichen“ Leistungsbewertungen ist es mit dem Grundsatz der Bestenauslese vereinbar, dem prognostischen Teil der dienstlichen Beurteilungen, insbesondere der Entwicklungsprognose des nächsthöheren Vorgesetzten (Nr. 102 Buchst. c und Nr. 910 ZDv 20/6 bzw. nunmehr ZDv A-1340/50), ausschlaggebendes Gewicht im Eignungsvergleich zuzumessen4.
Nach diesen Maßstäben ist nicht zu beanstanden, dass der Präsident des Bundesamts für das Personalmanagement dem Beigeladenen aufgrund der Leistungsbewertungen5 in den aktuellsten planmäßigen dienstlichen Beurteilungen zum Vorlagetermin 30.09.2015 ein besseres Leistungsbild als dem Antragsteller zugesprochen hat. Dabei kommt es nicht darauf an und bedarf deshalb vorliegend keiner Klärung, ob der Präsident den Durchschnittswert des Antragstellers von „8, 40“ als „im Wesentlichen gleich“ mit dem Durchschnittswert des Beigeladenen von „8, 80“ hätte einstufen dürfen. Er war jedenfalls im Rahmen seines Beurteilungsspielraums befugt, der Differenz von 0, 4 Punkten, die einer besseren Bewertung von jeweils einem Punkt bei vier der zehn Einzelmerkmale entspricht, wie geschehen als Leistungsvorsprung des Beigeladenen gegenüber dem Antragsteller zu bewerten und damit die Auswahl des Beigeladenen nach dem Grundsatz der Bestenauslese zu begründen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann eine Auswahlentscheidung auch allein ausschlaggebend auf einen in der dienstlichen Beurteilung zum Ausdruck kommenden signifikanten Leistungsvorsprung gestützt werden6.
Fehlt es danach bereits an der Voraussetzung, dass mehrere Bewerber als „im Wesentlichen gleich geeignet“ eingestuft sind, so kommt es auch nicht darauf an, ob und welchen sonstigen sachlichen Gesichtspunkten – wie etwa der Entwicklungsprognose des nächsthöheren Vorgesetzten – Gewicht für die Auswahl hätte beigemessen werden können.
Soweit der übergangene Bewerber die Fehlerhaftigkeit seiner dienstlichen Beurteilung rügt, hätte er dies fristgerecht mit der Wehrbeschwerde gegen die dienstliche Beurteilung geltend machen können und müssen. Der Inhalt der bestandskräftig gewordenen dienstlichen Beurteilung kann zur Entscheidungsgrundlage in Auswahlverfahren herangezogen werden und unterliegt im Konkurrentenstreit keiner inzidenten gerichtlichen Überprüfung ihrer Rechtmäßigkeit7.
Im Hinblick auf den vergleichsweise kurzen Zwei-Jahres-Rhythmus, in dem planmäßige dienstliche Beurteilungen für Soldaten zu erstellen sind, sind dienstliche Beurteilungen, die zum letzten regulären Vorlagetermin (Nr.203 ZDv 20/6 bzw. ZDv A-1340/50) vor der Auswahlentscheidung erstellt wurden, als hinreichend aktuell anzusehen.
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 18. Dezember 2017 – 1 WDS -VR 8.17
- vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25.04.2007 – 1 WB 31.06, BVerwGE 128, 329 Rn. 55; und vom 16.12 2008 – 1 WB 39.07, BVerwGE 133, 1 Rn. 42; für das Beamtenrecht Urteil vom 16.08.2001 – 2 A 3.00, BVerwGE 115, 58, 61 [↩]
- vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.05.2011 – 1 WB 59.10, Buchholz 449 § 3 SG Nr. 60 Rn. 31 m.w.N. [↩]
- BVerwG, Beschluss vom 29.01.2013 – 1 WB 60.11, Buchholz 449 § 3 SG Nr. 65 LS 1 und Rn. 49 ff.; im konkreten Fall bejaht für eine Differenz von 0, 3 Punkten auf einer neunstufigen Skala [↩]
- BVerwG, Beschluss vom 29.01.2013 – 1 WB 60.11, Buchholz 449 § 3 SG Nr. 65 LS 2 und Rn. 57 ff. [↩]
- Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung [↩]
- BVerwG, Beschluss vom 13.04.2011 – 1 WB 21.10, Rn. 51 [↩]
- vgl. zum Ganzen insb. BVerwG, Beschluss vom 23.02.2010 – 1 WB 36.09, BVerwGE 136, 119 [↩]