TVÖD-E – und die Zulage für Meister-Vertretungen durch einen handwerklich Beschäftigten

Die vorübergehende Übertragung höherwertiger Tätigkeiten hat keinerlei Einfluss auf die Eingruppierung, die sich nach der dauerhaft auszuübenden Tätigkeit richtet.

In dem hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall ist der Arbeitnehmer seit dem 16.07.2005 bei der beklagten Stadt beschäftigt und zuletzt als Lastkraftwagenfahrer im kommunalen Eigenbetrieb „Stadtreinigung L“ tätig. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien sind seit dem 1.10.2005 die für den Dienstleistungsbereich Entsorgung im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände maßgebliche durchgeschriebene Fassung des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD-E) und der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) anzuwenden. Durch diese Tarifverträge ist der Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts Manteltarifliche Vorschriften für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G-O) abgelöst worden. Bis zum 31.12.2016 wurden gemäß § 2 des Tarifvertrags zu § 20 Abs. 1 BMT-G-O (Lohngruppenverzeichnis) vom 14.05.1991 (im Folgenden TV Lohngruppenverzeichnis) die Arbeiter ua. im Bereich des kommunalen Arbeitgeberverbandes in Sachsen nach den in den Anlagen 1 oder 2 festgelegten Tätigkeitsmerkmalen eingruppiert. Lohnzulagen und Lohnzuschläge waren gemäß § 4 TV Lohngruppenverzeichnis in Anlage 3 festgelegt. Zum 1.01.2017 ist die Entgeltordnung (VKA) als Anlage 1 zum TVöD in Kraft getreten (im Folgenden EGO).

Die Stadt vergütet den Arbeitnehmer seit dem Inkrafttreten der EGO nach der Entgeltgruppe 5 TVöD (VKA), zuletzt nach der Entgeltstufe 5 dieser Entgeltgruppe. Seit März 2018 vertritt der Arbeitnehmer, der keine Meisterprüfung iSd. Vorbemerkung zu Teil A Abschnitt II Ziff. 4 der EGO abgelegt hat, bei urlaubs- oder krankheitsbedingter Abwesenheit den über eine abgeschlossene Meisterausbildung verfügenden und als Meister tätigen Herrn F. Dieser wird nach der Entgeltgruppe 9a TVöD (VKA) vergütet. Die Stadt zahlte dem Arbeitnehmer für die Zeiten der Vertretung eine Zulage aufgrund vorübergehender Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit und zwar zunächst in Höhe des Differenzbetrags zwischen den Entgeltgruppen 5 und 9a TVöD (VKA). Für die in den Monaten November 2018 bis November 2019 angefallenen Vertretungszeiträume, die jeweils mindestens drei zusammenhängende Tage umfassten, zahlte die Stadt die Zulage unter Verweis auf die fehlende Meisterausbildung und die Vorbemerkung Nr. 2 zur EGO nur noch in Höhe der Differenz zur Entgeltgruppe 8 TVöD (VKA). Mit Schreiben vom 30.04.2019 forderte der Arbeitnehmer die Stadt erfolglos zur Weiterzahlung der Zulage in unveränderter Höhe auf. Der Arbeitnehmer hat die Auffassung vertreten, § 18 Abs. 2 TVÜ-VKA gelte für Beschäftigte mit handwerklichen Tätigkeiten nicht, sondern werde insoweit von § 29 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-VKA verdrängt. Aus dem besitzstandswahrenden Sinn und Zweck dieser Spezialregelung folge, dass alle Vergütungsregelungen des BMT-G-O fortgelten sollten, bis eine neue Regelung vereinbart sei. Dem Tarifvertrag lasse sich nicht hinreichend deutlich entnehmen, dass die Tarifvertragsparteien insoweit zwischen Eingruppierungs- und Zulagenregelungen unterscheiden wollten. Daher sei auch die Zulagenregelung in Teil I Nr. 4 der Anlage 3 TV Lohngruppenverzeichnis eine „spezielle Eingruppierungsregelung“ iSd. § 29 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-VKA. Der TV Lohngruppenverzeichnis enthalte aber, anders als die EGO, keine Regelung zur Absenkung des Unterschiedsbetrags. Folglich sei die Zulage weiterhin nach der Differenz zwischen den Entgeltgruppen 5 und 9a TVöD (VKA) zu bemessen. § 18 Abs. 2 TVÜ-VKA schließe die Fortgeltung der bisherigen Zulagenregelung nicht aus, da er zeitgleich mit § 29 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-VKA in Kraft getreten sei. Er könne daher keine neu vereinbarte Regelung im Sinne der letztgenannten Tarifnorm sein.

Wie zuvor bereits das Arbeitsgericht und das Sächsische Landesarbeitsgericht1 hat nun auch das Bundesarbeitsgericht einen entsprechenden Anspruch des Arbeitnehmers verneint; dem Arbeitnehmer stehen die geltend gemachten Differenzansprüche für die Urlaubs- und Krankheitsvertretung nicht zu. Die Stadt ist nicht verpflichtet, die hierfür gezahlte Zulage nach der Differenz zur Entgeltgruppe 9a TVöD (VKA) zu berechnen:

§ 29 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-VKA greift im vorliegenden Vertretungsfall nicht ein. Die bei einer Meistervertretung, die übergeleiteten Beschäftigten erstmals nach dem 30.09.2005 außerhalb des Anwendungsbereichs des § 10 TVÜ-VKA übertragen worden ist, zu zahlende Zulage berechnet sich allein aus § 18 Abs. 2 TVÜ-VKA iVm. § 14 Abs. 3 TVöD-E.

Das Landesarbeitsgericht hat allerdings nicht festgestellt, ob der Anwendungsbereich des § 18 Abs. 2 TVÜ-VKA in den streitbefangenen Vertretungsfällen überhaupt eröffnet war.

Der Arbeitnehmer ist ein aus dem Geltungsbereich des BMT-G-O übergeleiteter Beschäftigter iSd. § 18 Abs. 2 iVm. § 1 Abs. 1 TVÜ-VKA. Ihm wurde die Vertretungstätigkeit erstmalig im März 2018 und damit nach dem 30.09.2005 übertragen. Die Übertragung erfolgte außerhalb von § 10 TVÜ-VKA. Diese Norm betrifft nur die Fortführung von am 30.09.2005 bereits vorübergehend übertragenen höherwertigen Tätigkeiten.

Ob der Arbeitnehmer die weiteren Anspruchsvoraussetzungen der vorübergehenden Übertragung einer anderen, höherwertigen Tätigkeit erfüllt, ist jedoch nicht festgestellt.

Eine Tätigkeit wird vorübergehend übertragen, wenn dies nach dem bei der Übertragung zum Ausdruck kommenden Willen des Arbeitgebers2 zeitweilig bzw. nur für eine gewisse Zeit erfolgt. Darunter fällt auch die vertretungsweise Übertragung einer Tätigkeit. Beide Tarifbegriffe lassen sich mit „interimistisch“ zusammenfassen3. Dem vorübergehenden Charakter steht es nicht entgegen, wenn der Arbeitgeber dieselbe Tätigkeit mehrmals nacheinander vorübergehend überträgt und möglicherweise nicht den Willen hat, dies nur einmalig zu tun4. Allerdings darf über die Regelung des § 14 TVöD-E nicht die Ungewissheit über die Dauer der weiteren Beschäftigungsmöglichkeit auf den Beschäftigten verlagert werden5.

Daneben muss es sich um eine „andere Tätigkeit“ handeln, die den Tätigkeitsmerkmalen einer höheren Entgeltgruppe entspricht.

Um eine andere Tätigkeit iSd. § 14 Abs. 1 TVöD-E handelt es sich nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht, wenn dem Beschäftigten auf arbeitsvertraglicher Grundlage die gesamten Dienstaufgaben des Vertretenen bei dessen An- und Abwesenheit übertragen worden sind (ständiger Vertreter) oder er den Vertretenen zumindest bei Urlaub und sonstiger Abwesenheit vertritt (Abwesenheitsvertreter). Dann ist ihm diese Tätigkeit als eigene und nicht als andere übertragen, es sei denn, dem Beschäftigten sind die Tätigkeiten vollständig anstelle  und nicht zusätzlich zu – seiner eigenen Tätigkeit übertragen6.

Zwar spricht § 18 Abs. 2 TVÜ-VKA – im Gegensatz zu § 14 Abs. 1 TVöD-E – nicht von einer „anderen“, sondern von einer „höherwertigen“ Tätigkeit. Die Zulage nach § 18 Abs. 2 TVÜ-VKA dient jedoch ebenso wie die nach § 14 Abs. 1 TVöD-E als Ausgleich dafür, dass der Arbeitgeber dem Beschäftigten im Wege des Direktionsrechts eine Tätigkeit zuweisen kann, die höherwertig und deshalb mit besonderer Arbeitsschwierigkeit verbunden ist7. Darum steht Beschäftigten die Zulage nach § 18 Abs. 2 TVÜ-VKA ebenso wie die nach § 14 Abs. 1 TVöD-E zu zahlende Zulage nur dann zu, wenn es sich um eine andere und nicht um die bereits nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Tätigkeit handelt. 

Zwischen den Parteien steht vorliegend zwar nicht im Streit, dass der in die Entgeltgruppe 5 TVöD (VKA) eingruppierte Arbeitnehmer im Hinblick auf die Vertretung des Herrn F zumindest in die Entgeltgruppe 8 TVöD (VKA) einzugruppieren wäre und diese Tätigkeit damit den Tätigkeitsmerkmalen einer höheren Entgeltgruppe entspräche. Das Landesarbeitsgericht hat aber nicht festgestellt, auf welcher Grundlage der Arbeitnehmer die Vertretungstätigkeit ausübt und ob es sich dabei um eine „andere“ Tätigkeit handelt, die „vorübergehend“ übertragen wurde. Insoweit steht lediglich fest, dass der Arbeitnehmer Herrn F seit März 2018 bei urlaubs- oder krankheitsbedingter Abwesenheit vertritt. Das auf den Hinweis des Bundesarbeitsgerichts auf Bedenken hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 18 Abs. 2 TVÜ-VKA vom 26.07.2021 erfolgte Parteivorbringen deutet vorliegend sogar darauf hin, dass der Arbeitnehmer die Abwesenheitsvertretung des Herrn F als eigene Tätigkeit schulden könnte.

Das Bundesarbeitsgericht ist dennoch nicht gehalten, den Rechtsstreit zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Der Anspruch des Arbeitnehmers besteht auch bei zu seinen Gunsten unterstelltem Vorliegen der vorübergehenden Übertragung einer anderen Tätigkeit jedenfalls nicht in der von ihm geltend gemachten Höhe.

Erfüllt der Beschäftigte die Tatbestandsvoraussetzungen des § 18 Abs. 2 TVÜ-VKA, gelten bis zum – hier bisher nicht erfolgten8 – Inkrafttreten eines Tarifvertrags über eine persönliche Zulage ua. die bezirklichen Regelungen nach Teil I der Anlage 3 TV Lohngruppenverzeichnis im bisherigen Geltungsbereich mit der Maßgabe weiter, dass sich die Zulagenhöhe nach dem TVöD richtet, soweit sich aus § 17 Abs. 9 TVÜ-VKA – wie vorliegend – nichts anderes ergibt.

Diese angeordnete Weitergeltung hat zwar zur Folge, dass für die ehemaligen Arbeiter die Zulage nicht erst bei einer Vertretung von mindestens einem Monat, wie es § 14 Abs. 1 TVöD-E vorsieht, zu zahlen ist. Aus Gründen des Besitzstandsschutzes gilt für sie weiterhin die kürzere Frist von drei Arbeitstagen gemäß Teil I Nr. 4 der Anlage 3 TV Lohngruppenverzeichnis bzw. einer landesbezirklichen Regelung gemäß § 9 Abs. 3 BMT-G9. Diese Frist hat der Arbeitnehmer bei den streitgegenständlichen Vertretungen jeweils erfüllt.

Aufgrund der angeordneten Geltung des TVöD für die Zulagenhöhe bemisst sich diese aber nach § 14 Abs. 3 TVöD-E (entspricht redaktionell angepasst § 14 Abs. 3 TVöD-AT) und damit nach dem jeweiligen Unterschiedsbetrag zu dem Tabellenentgelt, das sich bei dauerhafter Übertragung nach § 17 Abs. 4 Satz 1 TVöD-E ergeben hätte. Das folgt unmissverständlich aus dem nicht weiter auslegungsfähigen Wortlaut des § 18 Abs. 2 TVÜ-VKA10.

Aus § 29 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-VKA ergibt sichnichts Gegenteiliges.

Entgegen der Annahme des Sächsischen Landesarbeitsgerichts ist zwar § 18 Abs. 2 TVÜ-VKA keine auf Bundesebene getroffene neue, Teil I Nr. 4 der Anlage 3 TV Lohngruppenverzeichnis ablösende Vereinbarung iSd. § 29 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-VKA.

Die in Teil I Nr. 4 der Anlage 3 TV Lohngruppenverzeichnis vorgesehene Regelung ist aber bereits keine Eingruppierungsregelung iSd. § 29 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-VKA. § 18 Abs. 2 TVÜ-VKA und Teil I Nr. 4 der Anlage 3 TV Lohngruppenverzeichnis einerseits sowie § 29 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-VKA andererseits haben unterschiedliche, strikt getrennte Anwendungsbereiche. Die erstgenannten Bestimmungen regeln die Zulage im Falle der vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit. Demgegenüber betrifft § 29 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-VKA die Eingruppierung ausgehend von der gesamten nicht nur vorübergehend auszuübenden Tätigkeit (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 1 TVöD-E/TVöD-AT [VKA], § 17 Abs. 1 TVÜ-VKA). Diese „Regelungskreise“ bestehen in dem hier interessierenden Zusammenhang unabhängig nebeneinander. Die vorübergehende Übertragung höherwertiger Tätigkeiten hat keinerlei Einfluss auf die Eingruppierung, die sich nach der dauerhaft auszuübenden Tätigkeit richtet. Deswegen geht eine Ansicht fehl, die § 29 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-VKA entnimmt, dass § 18 Abs. 2 TVÜ-VKA nicht für Beschäftigte mit handwerklichen Tätigkeiten gelte bzw. die Zulagenregelung der Anlage 3 TV Lohngruppenverzeichnis wie eine zeitlich befristete Höhergruppierung behandeln möchte.

Der Wille der Tarifvertragsparteien, zwischen Zulagen- und Eingruppierungsregelungen zu unterscheiden, kommtim Tarifvertrag und seiner Entstehungsgeschichte auch hinreichend deutlich zum Ausdruck.

Die dargelegte Differenzierung hat sich bereits im Tarifwortlaut eindeutig niedergeschlagen. Ausweislich der Überschrift des Abschnitts IVb regeln die §§ 29 ff. TVÜ-VKA die „Überleitung in die Entgeltordnung zum TVöD“. § 29 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-VKA stellt auf das Inkrafttreten der §§ 12, 13 TVöD (VKA) iVm. der EGO – den Eingruppierungsregelungen des TVöD (VKA) – ab. § 29 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-VKA spricht von speziellen „Eingruppierungsregelungen“. Demgegenüber regeln § 14 TVöD-E und § 18 Abs. 2 TVÜ-VKA eine „Zulage“ für bestimmte „vorübergehend“ übertragene höherwertige Tätigkeiten. Auch der TV Lohngruppenverzeichnis unterscheidet in seinen §§ 2 und 4 zwischen der Eingruppierung nach den in seinen Anlagen 1 und 2 festgelegten Tätigkeitsmerkmalen sowie Lohnzulagen und -zuschlägen gemäß Anlage 3. Folgerichtig trägt letztere die Überschrift „Lohnzulagen/Lohnzuschläge“.

Dieses Verständnis wird eindeutig bestätigt durch die Streichung des § 18 Abs. 3 TVÜ-VKA aF im Zeitpunkt des Inkrafttretens der EGO am 1.01.2017. Diese Tarifnorm ordnete bis dahin die Geltung des § 14 TVöD mit der Maßgabe an, dass sich die Voraussetzungen für die (vorübergehend) übertragene höherwertige Tätigkeit weiterhin nach § 22 Abs. 2 BAT/BAT-O bzw. den entsprechenden Regelungen für Arbeiter – und damit für diese ua. nach dem TV Lohngruppenverzeichnis – bestimmten11. Diese Spezialregelung sollte mit Einführung der EGO untergehen. Nichts spricht dafür, dass die Tarifvertragsparteien ungeachtet dessen einerseits die Regelung in § 18 Abs. 2 TVÜ-VKA mit dem Verweis auf die Berechnung der Zulagenhöhe nach § 14 Abs. 3 TVöD-E beibehalten, andererseits aber „im gleichen Atemzug“ an ganz anderer, systemfremder Stelle erstmals eine Spezialregelung zur Berechnung der Zulagenhöhe für handwerklich Tätige in die lediglich die Eingruppierung betreffende Besitzstandsregelung des § 29 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-VKA aufnehmen wollten.

Bei der somit auf der Grundlage der § 14 Abs. 3, § 17 Abs. 4 Satz 1 TVöD-E vorzunehmenden hypothetischen12 Betrachtung ist zu prüfen, für welche höhere Entgeltgruppe der Beschäftigte die Voraussetzungen erfüllte, wenn ihm die Tätigkeit nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft übertragen worden wäre. Dabei müssen (auch) in der Person des Beschäftigten alle Voraussetzungen des Tätigkeitsmerkmals bzw. der Tätigkeitsmerkmale der höheren Entgeltgruppe erfüllt sein (§ 12 Abs. 2 Satz 6 TVöD-E; vgl. zu § 24 BAT: BAG 6.05.2009 – 10 AZR 389/08, Rn. 11; 16.05.2002 – 6 AZR 198/01, zu I 3 b der Gründe; 18.06.1997 – 4 AZR 728/95, zu II 4 der Gründe; BeckOK TVöD/Kaiser TVöD-AT § 14 Stand 1.12.2022 Rn. 10; Breier/Dassau aaO Stand Mai 2017/Juni 2018 Rn. 45; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese aaO Rn. 58, 61; Sponer/Steinherr TVöD § 14 Stand April 2017 Rn. 33; Weinmann in HK-TVöD/TV-L 4. Aufl. § 14 Rn. 3 f.). Die in der Vorbemerkung Nr. 2 zur EGO angeordnete Eingruppierung in die nächst niedrigere Entgeltgruppe bei Fehlen der im Tätigkeitsmerkmal geforderten Vor- oder Ausbildung und Erfüllung der sonstigen Anforderungen gilt auch hier13.

Für die bereits vor dem Inkrafttreten der EGO beschäftigte und darum in diese übergeleitete Gruppe der früheren Arbeiter besteht hierbei allerdings die bei der erforderlichen hypothetischen Betrachtung zu berücksichtigende Besonderheit, dass nach § 29 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-VKA lediglich die bisherigen Oberbegriffe der grundsätzlich auf Landesebene vereinbarten Lohngruppenverzeichnisse durch die neuen allgemeinen Tätigkeitsmerkmale für handwerklich tätige Beschäftigte (dh. Beschäftigte, deren Tätigkeit vor dem 1.01.2005 der Rentenversicherung der Arbeiter unterlegen hätte, § 38 Abs. 5 Satz 2 TVöD-E/TVöD-AT) in Teil A Abschnitt I Ziff. 2 der EGO (Entgeltgruppen 2 bis 9a) ersetzt worden sind. Hierdurch sollte ein einheitlicher Rahmen für das Eingruppierungsrecht der früheren Arbeiter sichergestellt werden14.

Tätigkeitsmerkmale in Lohngruppenverzeichnissen, die auf besondere körperliche Belastungen oder besondere Verantwortung abstellen, bleiben nach § 29 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VKA demgegenüber unberührt. Diese Kriterien haben keinen ausdrücklichen Eingang in die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale des Teils A Abschnitt I Ziff. 2 der EGO gefunden15. Gleiches gilt bis zur Vereinbarung neuer Regelungen gemäß § 29 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-VKA für die in Lohngruppenverzeichnissen vorgesehenen speziellen Eingruppierungsregelungen (Beispiele und „Ferner“-Merkmale). Die Zuordnung dieser Lohngruppen der Lohngruppenverzeichnisse zu den Entgeltgruppen des TVöD ist gemäß § 29 Abs. 2 Satz 4 TVÜ-VKA nach Anlage 3 zum TVÜ-VKA vorzunehmen16. Die Weitergeltung der bisherigen speziellen Eingruppierungsregelungen für Beschäftigte mit handwerklichen Tätigkeiten beruht auf dem Willen der Tarifvertragsparteien, die bis zum 1.01.2017 gegebene Kompetenzverteilung zwischen Bundes- und Landesebene grundsätzlich beizubehalten, um so weiterhin passgenaue Regelungen entsprechend den unterschiedlichen Bedürfnissen treffen zu können17.

Da der Arbeitnehmer unstreitig keine Meisterprüfung iSd. Vorbemerkung zu Teil A Abschnitt II Ziff. 4 der EGO abgelegt hat, fehlt ihm das für die Erfüllung der Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe 9a des Teils A Abschnitt II Ziff. 4 der EGO vorausgesetzte entsprechende Tätigkeitsmerkmal. Bei dauerhafter Übertragung der Aufgaben des die Tätigkeit eines Meisters ausübenden Herrn F hätte der Arbeitnehmer daher keinen Anspruch auf Vergütung nach dieser Entgeltgruppe, sondern gemäß der Vorbemerkung Nr. 2 zur EGO nur nach Entgeltgruppe 8 TVöD (VKA). Diesen Anspruch hat die Stadt unstreitig erfüllt.

Die hypothetische Eingruppierung des Arbeitnehmers führt unter Berücksichtigung der Zuordnungsregelung in § 29 Abs. 2 Satz 4 TVÜ-VKA iVm. Anlage 3 TVÜ-VKA auch nicht deswegen zu einer Vergütung nach Entgeltgruppe 9a TVöD (VKA), weil die Vertretungstätigkeit von einem gemäß § 29 Abs. 2 TVÜ-VKA weitergeltenden Tätigkeitsmerkmal der Lohngruppe 9 des TV Lohngruppenverzeichnis, das auf besondere körperliche Belastungen oder besondere Verantwortung abstellt, oder einem speziellen Tätigkeitsmerkmal erfasst wäre. Das ist nicht der Fall und wird vom Arbeitnehmer auch nicht behauptet.

Der Anspruch des Arbeitnehmers folgt auch nicht aus Teil I Nr. 4 der Anlage 3 TV Lohngruppenverzeichnis unmittelbar. Diese Tarifnorm ist gemäß § 2 Abs. 1 TVÜ-VKA durch § 14 TVöD-E und § 18 Abs. 2 TVÜ-VKA ersetzt worden und gilt außerhalb der Inbezugnahme in § 18 Abs. 2 TVÜ-VKA nicht mehr. Der TVöD oder der TVÜ-VKA bestimmen auch nicht ausdrücklich etwas anderes (§ 2 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbs. TVÜ-VKA). Bei Teil I Nr. 4 der Anlage 3 TV Lohngruppenverzeichnis handelt es sich nicht um eine spezielle Eingruppierungsregelung, deren Fortgeltung § 29 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-VKA anordnet, sondern um eine Zulagenregelung.

Der Anspruch des Arbeitnehmers ergibt sich schließlich nicht aus § 14 Abs. 1 TVöD-E. Dabei kann dahinstehen, ob er im Streitzeitraum die Mindestdauer der Übertragung von einem Monat erreicht hat. Die Höhe der Zulage berechnet sich auch hier gemäß § 14 Abs. 3 TVöD-E und führt für den Arbeitnehmer – wie vorstehend ausgeführt – lediglich zu einem Anspruch aus der Entgeltgruppe 8 TVöD (VKA), nicht aber der von ihm begehrten Entgeltgruppe 9a TVöD (VKA).

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16. März 2023 – 6 AZR 142/21

  1. Sächs. LAG 26.01.2021 – 3 Sa 216/20 []
  2. BAG 10.02.1988 – 4 AZR 585/87 14 mwN; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Teil II/1 § 14 Stand September 2020/Oktober 2017 Rn. 96 ff.; Breier/Dassau TVöD Teil B 1 § 14 Stand Mai 2020/Mai 2017 Rn. 64 ff. []
  3. vgl. zu Teil I Nr. 4 der Anlage 3 TV Lohngruppenverzeichnis BAG 20.04.2005 – 10 AZR 512/04, zu II 3 a und b der Gründe; vgl. ferner Niederschriftserklärung Nr. 2 zu § 18 TVÜ-VKA iVm. Satz 1 der Niederschriftserklärung zu § 10 Abs. 1 und Abs. 2 TVÜ-VKA []
  4. BAG 20.04.2005 – 10 AZR 512/04, zu II 3 c der Gründe []
  5. BAG 4.07.2012 – 4 AZR 759/10, Rn.20 []
  6. vgl. BAG 16.07.2020 – 6 AZR 287/19, Rn. 16, BAGE 171, 297; 16.04.2015 – 6 AZR 242/14, Rn. 21 mwN []
  7. zu § 14 TVöD-AT BAG 16.04.2015 – 6 AZR 242/14, Rn.20 []
  8. vgl. Bredemeier/Neffke/Bernheine 6. Aufl. TVöD § 14 Rn. 17 []
  9. vgl. Breier/Dassau TVöD Teil B 2.1 § 18 TVÜ-VKA Stand Mai 2017 Rn. 6 f., 13; Geyer in Sponer/Steinherr TVöD § 14 Stand August 2016 Rn. 176.1 []
  10. vgl. Bredemeier/Neffke/Bernheine 6. Aufl. TVöD § 14 Rn. 18; Breier/Dassau TVöD Teil B 1 § 14 Stand Mai 2017 Rn. 116; Geyer in Sponer/Steinherr TVöD § 14 Stand Juni 2016 Rn. 24 []
  11. vgl. Breier/Dassau TVöD Teil B 2.1 § 18 TVÜ-VKA Stand Mai 2017 Rn. 5; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Teil II/1 § 14 Stand Oktober 2017 Rn. 83 ff.; Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 14 Stand Mai 2016 Rn. 9a; Sponer/Steinherr TVöD § 14 Stand April 2017 Rn. 50 ff. []
  12. dazu BAG 16.06.2004 – 4 AZR 407/03, zu I 1 b der Gründe zu § 24 BAT; Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 14 Stand Mai 2014 Rn. 63; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Teil II/1 § 14 Stand September 2020 Rn. 57, Stand April 2018 Rn. 290 ff.; Breier/Dassau TVöD Teil B 1 § 14 Stand Mai 2017 Rn. 41 f., Stand Juni 2018 Rn. 79 []
  13. Sponer/Steinherr aaO []
  14. vgl. BeckOK TVöD/Dannenberg TVÜ-VKA § 29 Stand 1.12.2020 Rn. 6 []
  15. vgl. BeckOK TVöD/Dannenberg TVÜ-VKA § 29 Stand 1.12.2020 Rn. 10 []
  16. vgl. BeckOK TVöD/Rinck/Böhle/Pieper/Geyer TVÜ-VKA Vor §§ 29 – 29d Stand 1.12.2022 Rn. 1; BeckOK TVöD/Dannenberg aaO Rn. 5, 15; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Teil IV/3 TVÜ-Bund/TVÜ-VKA Stand August 2021 Rn. 321g []
  17. vgl. BeckOK TVöD/Dannenberg aaO Rn. 4; sh. hierzu auch die Festlegungen im Anhang „Regelungskompetenzen“ zur EGO []