Verlängerte Arbeitszeit bei der Feuerwehr – und der Freizeitausgleich
Das Sächsische Oberverwaltungsgericht in Bautzen muss erneut über Klagen von Leipziger Feuerwehrbeamten entscheiden, die einen Freizeitausgleich für eine über 48 Wochenstunden hinausgehende Arbeitszeit verlangen.
Das hat jetzt das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig auf die Klage zweier Feuerwehrbeamte entschieden. Die reguläre Arbeitszeit für Feuerwehrbeamte beträgt einschließlich des Bereitschaftsdienstes 48 Stunden pro Woche. Ab dem Jahr 2008 haben zahlreiche Feuerwehrbeamte, unter ihnen auch die beiden Kläger, Erklärungen abgegeben, bis zu 52 Stunden pro Woche Dienst zu leisten. So sah sich die Stadt Leipzig in der Lage, den Dienst in 24-Stunden-Schichten einzuteilen. Beamte, die eine solche Erklärung nicht abgaben, wurden im 12-Stunden-Schichtdienst geführt.
Im November 2013 erhoben die Kläger gegen ihre Arbeitszeit sowie deren Abrechnung und Abgeltung Widerspruch, soweit die Arbeitszeit über 48 Stunden pro Woche hinausging. Sowohl der Widerspruch wie auch die Klage vor dem Verwaltungsgericht Leipzig1 hatten jeweils keinen Erfolg. Auf die Berufung der beiden Feuerwehrbeamten hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht in Bautzen die Stadt Leipzig zu Zeitausgleich für Arbeitsstunden verpflichtet, die über 48 Stunden pro Woche hinausgingen2. Der Anspruch bestehe allerdings erst ab dem Monat nach Erhebung des Widerspruchs im November 2013 und nicht rückwirkend.
Sowohl die beiden Feuerwehrbeamten wie auch die Stadt Leipzig haben hiergegen Revision eingelegt, worauf nun das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die Berufungsurteile teilweise aufgehoben und die Verfahren zur erneuten Entscheidung an das Sächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen hat:
Zwar habe das Oberverwaltungsgericht zutreffend entschieden, so die Leipziger Bundesrichter, dass den Beamten kein Ausgleich wegen sogenannter „Mehrarbeit“ zusteht. Mehrarbeit ist immer nur die ausnahmsweise angeordnete oder genehmigte zusätzliche Arbeit, die über die regelmäßige Arbeitszeit hinausgeht. Im Streit steht aber gerade eine Erweiterung der regelmäßigen Arbeitszeit.
Das Sächsiche Oberverwaltungsgericht muss nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts aber erneut prüfen, ob die Voraussetzungen des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs gegeben sind. Nach der europäischen Arbeitszeitrichtlinie (RL 88/2003/EG) kann die freiwillige Mehrarbeit (über 48 Stunden hinaus) zulässig sein, wenn denjenigen Beamten, die eine entsprechende Erklärung nicht abgeben, deswegen kein Nachteil droht. Ein solcher Nachteil ist gegeben, wenn der Dienstherr die Verweigerung der Arbeitszeitverlängerung negativ sanktioniert oder wenn die Alternative – hier: der Dienstplangestaltung – sich im Rahmen einer Gesamtschau aller tatsächlichen und rechtlichen Folgen der Weigerung als objektiv negativ darstellt. Ungünstige Umstände, die der Dienstherr bereits kompensiert hat – etwa durch Geld- oder Zeitausgleich -, haben bei dieser Gesamtbetrachtung unberücksichtigt zu bleiben. Die tatsächlichen Feststellungen des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts reichen für eine solche Gesamtbetrachtung nicht aus. Sie werden im Rahmen eines erneuten Berufungsverfahrens zu ermitteln sein.
Die Verfahren waren desweiteren auch deshalb an das Oberverwaltungsgericht in Bautzen zurückzuverweisen, weil der Umfang des Ausgleichsanspruchs nicht – wie vom Oberverwaltungsgericht vorgenommen – pauschal, sondern durch konkrete Ermittlung der einzelnen Dienststunden zu bestimmen ist, die über das geschuldete Maß von 48 Stunden pro Woche hinausgehen.
Bundesverwaltungsgericht, Urteile vom 19.04.2018 – 2 C 36.17 und 2 C 40.17