Befristung eines Arbeitsvertrags für einen Lehrer – ohne Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten

Die Befristung eines Arbeitsvertrags ist keine der Mitwirkung der Gleichstellungsbeauftragten unterliegende Maßnahme nach dem Gesetz zur Gleichstellung von Frauen und Männern für das Land Nordrhein-Westfalen.

Die Befristung des Arbeitsvertrags vom 10.01.2022 ist bei Nichtbeteiligung der Gleichstellungsbeauftragten daher nicht mangels ordnungsgemäßer Beteiligung des Personalrats unwirksam.

Nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Personalvertretungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (LPVG NW) hat der Personalrat bei der Befristung von Arbeitsverträgen mitzubestimmen. Eine unter Verletzung dieses Mitbestimmungsrechts vereinbarte Befristung ist unwirksam1. Nach § 66 Abs. 1 Satz 1 LPVG NW bedarf eine Maßnahme, soweit sie der Mitbestimmung des Personalrats unterliegt, seiner Zustimmung. Das weitere Mitbestimmungsverfahren – insbesondere die Unterrichtung sowie Beantragung der Zustimmung des Personalrats – regelt § 66 Abs. 2 LPVG NW.

Ist der zuständige Personalrat hinsichtlich der streitgegenständlichen Befristung ordnungsgemäß beteiligt worden, ist die Befristung auch nicht aus landesgleichstellungsrechtlichen Gründen rechtsunwirksam, weil die für den Dienststellenbereich bestellte Gleichstellungsbeauftragte bei der Befristung hinreichend beteiligt wurde. Die Befristung eines Arbeitsvertrags unterliegt keiner Mitwirkung der Gleichstellungsbeauftragten nach dem Gesetz zur Gleichstellung von Frauen und Männern für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesgleichstellungsgesetz – LGG NW)2.

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 LGG NW bestellt jede Dienststelle mit mindestens 20 Beschäftigten eine Gleichstellungsbeauftragte und mindestens eine Stellvertreterin. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 LGG NW unterstützt und berät die Gleichstellungsbeauftragte die Dienststelle und wirkt mit bei der Ausführung des LGG NW sowie aller Vorschriften und Maßnahmen, die Auswirkungen auf die Gleichstellung von Frau und Mann haben oder haben können. Dies gilt insbesondere für personelle Maßnahmen (§ 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LGG NW). Die Rechte der Gleichstellungsbeauftragten gestaltet § 18 LGG NW näher aus. Absatz 1 Satz 1 und 2 der Vorschrift bestimmen, dass die Gleichstellungsbeauftragte frühzeitig über beabsichtigte Maßnahmen zu unterrichten und anzuhören ist und ihr alle Akten, die Maßnahmen betreffen, an denen sie zu beteiligen ist, vorzulegen sind. Absatz 6 der Vorschrift legt die Möglichkeit von Vereinbarungen zwischen der Gleichstellungsbeauftragten und der Dienststelle über die Form und das Verfahren der Beteiligung fest, wobei die Ziele des LGG NW durch solche Verfahrensabsprachen nicht unterlaufen werden dürfen und vorgegebene Beteiligungspflichten nicht abdingbar sind. Nach § 18 Abs. 6 Satz 4 LGG NW ist die gleichstellungsrechtliche Beteiligung, auch die Inanspruchnahme einer gleichstellungsrechtlichen Zustimmungsfiktion, zu dokumentieren.

Ausgehend von diesen Maßgaben kann – die Mitwirkungspflichtigkeit der Maßnahme unterstellt – von keiner ordnungsgemäßen Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten bei der Befristung des letzten Arbeitsvertrags mit dem Lehrer ausgegangen werden, wenn eine hierauf bezogene ausdrückliche Unterrichtung und Anhörung der Gleichstellungsbeauftragten iSd. § 18 Abs. 1 Satz 1 LGG NW nicht erfolgt ist. Die spätere Beteiligung (hier: während des Berufungsverfahren) zeitigt keine „Heilung“, denn § 18 Abs. 3 Satz 3 LGG NW eröffnet eine Nachholung der zu Unrecht unterbliebenen Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten lediglich bei noch nicht vollzogenen – und auszusetzenden – Maßnahmen. 

Die Befristung eines Arbeitsvertrags – als die von der (befristeten) Einstellung zu unterscheidende vertragliche Abrede – ist jedoch keine der Mitwirkung der Gleichstellungsbeauftragten unterliegende (personelle) Maßnahme iSd. § 17 Abs. 1 Satz 1 und 2 LGG NW3. Das folgt für das Bundesarbeitsgericht aus einer Auslegung der einschlägigen landesgleichstellungsgesetzlichen Vorschriften.

Der Wortlaut von § 17 Abs. 1 Satz 1 und 2 LGG NW ist insoweit allerdings offen. Einerseits deutet der Begriff der „Maßnahme“ darauf, dass keine konkrete (Einzel-)Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer – wie die Befristungsabrede – gemeint ist. Andererseits sprechen die generalklauselartige Formulierung („aller“ Maßnahmen) mit Gleichstellungsbezug („… die Auswirkungen auf die Gleichstellung von Frau und Mann haben oder haben können„) und die nicht als abschließend zu verstehende, regelbeispielhafte („insbesondere„) Aufzählung beteiligungspflichtiger Maßnahmen sowie der Ausdruck „personelle Maßnahmen“ in § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LGG NW auf ein weites und umfassendes Begriffsverständnis4. Davon ist der Gesetzgeber auch ausgegangen, wobei er eine Analogie zur personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmung verlautbart hat, wenngleich sich dort nicht der Ausdruck „personelle Maßnahmen“, sondern „Personalangelegenheiten“ findet (vgl. § 72 LPVG NW). Das zeigt die Begründung des Gesetzesentwurfs zu § 17 LGG NW, in der es ua. heißt5:

„Absatz 1 enthält eine Generalklausel für die Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten … Die zuständigen Gleichstellungsbeauftragten sind an den entsprechenden Maßnahmen zu beteiligen. Maßnahmen im Sinne der Nummer 1 sind analog §§ 72 ff LPVG u.a. Versetzungen, Umsetzungen, Fortbildungen, Kündigungen, Arbeitszeitregelungen sowie die Erstellung von Beurteilungsrichtlinien.“

Demgegenüber sprechen gesetzessystematische Erwägungen deutlich gegen ein Verständnis dahingehend, dass die Vereinbarung der Befristung dem Maßnahmebegriff der Generalklausel von § 17 Abs. 1 Satz 1 LGG NW unterfällt und eine personelle Maßnahme iSd. § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LGG NW ist. Wie die Ausgestaltung von § 18 Abs. 3 LGG NW als Rechtsfolgenanordnung bei einer unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten an einer Maßnahme zeigt, zielt die landesgleichstellungsrechtliche Beteiligung nicht auf Individualvereinbarungen, sondern auf (Verwaltungs-)Entscheidungen, Regelungen und Handlungen6. Ausdrücklich heißt es hierzu in der Gesetzesbegründung7:

„Durch die Neufassung des Absatzes 3 Satz 1 wird unter Beibehaltung des bisherigen Inhalts im Übrigen als Rechtsfolge die Rechtswidrigkeit einer Maßnahme bestimmt, wenn die Gleichstellungsbeauftragte nicht oder nicht rechtzeitig gemäß den Vorgaben der Absätze 1 und 2 beteiligt wurde. Hiermit wird die Rechtsprechung aufgegriffen8. Satz 2 stellt klar, dass die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden kann, weil die Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten nicht ordnungsgemäß erfolgte, wenn offensichtlich ist, dass dies die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Die Heilung einer nach Satz 1 rechtswidrigen Maßnahme wird gemäß Satz 3 für die Fälle eröffnet, in denen sie noch nicht vollzogen ist. Vor dem Hintergrund der neu eingeführten Resonanzpflicht der Dienststelle in § 18 Absatz 2 Satz 7 und § 19 Absatz 1 sowie der weitreichenden Folgen der Unwirksamkeit von Maßnahmen insbesondere im personalrechtlichen Bereich wurde bewusst die Folge der Rechtswidrigkeit gewählt, und nicht die der – in der Rechtsfolgenbetrachtung deutlich weitergehenden – Unwirksamkeit. Während ein unwirksamer Verwaltungsakt keinerlei rechtliche Wirkung entfaltet, kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt hingegen ungeachtet seiner Rechtswidrigkeit wirksam werden. Die Wirksamkeit richtet sich hier nach der Bekanntgabe, § 43 Absatz 1 VwVfG. Bestandskräftig wird ein wirksamer, rechtswidriger Verwaltungsakt erst nach Eintritt der Unanfechtbarkeit, d.h. nach Verstreichen der Fristen zur Einlegung eines Rechtsmittels bzw. Rechtsbehelfs.“

Sinn und Zweck der landesgleichstellungsrechtlichen Bestimmungen gebieten keine Einbeziehung der Befristungsvereinbarung in den Maßnahmebegriff des § 17 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 LGG NW. Die Mitwirkung der Gleichstellungsbeauftragten ist entsprechend der Zielsetzung in § 1 Abs. 1 LGG NW ein gesetzlich vorgesehenes Instrument, die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung und Gleichstellung in den Dienststellen zu fördern. Die Aufgaben und Rechte der Gleichstellungsbeauftragten betreffen gleichstellungsrelevante Sachverhalte; der Gleichstellungsbeauftragten ist im Verhältnis zur Dienststelle gerade keine umfassende und sachlich unbegrenzte Kontrolle und Beeinflussungsmöglichkeit eingeräumt. Für Entscheidungen über befristete Einstellungen mag das – was das Bundesarbeitsgericht ausdrücklich offenlässt – bedeuten, dass der Gleichstellungsbeauftragten ein Mitwirkungsrecht zukommt; für die konkrete Befristungsabrede ist hingegen kein spezifisches gleichstellungsrechtliches Beteiligungsbedürfnis ersichtlich.

Auch der Verweis in der Gesetzesbegründung zu § 17 LGG NW auf „analog §§ 72 ff. LPVG9 gibt kein Verständnis vor, dass die Befristungsvereinbarung eine Maßnahme im landesgleichstellungsrechtlichen Sinn ist. Zum einen nennt die Gesetzesbegründung ausdrücklich – wenngleich nicht abschließend – „Versetzungen, Umsetzungen, Fortbildungen, Kündigungen, Arbeitszeitregelungen sowie die Erstellung von Beurteilungsrichtlinien“, worin vereinbarungsungebundene Festlegungen und Handlungen liegen. Zum anderen stellt die Gesetzesbegründung explizit auf eine Analogie und keine Begriffsidentität ab, worin sich der Umstand ausdrückt, dass personalvertretungsrechtliche Besonderheiten gegenüber der gleichstellungsrechtlichen Beteiligung berücksichtigt werden können. Insoweit ist zwar mit § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG NW das Mitbestimmungsrecht des Personalrats über die (befristete) Einstellung eines Arbeitnehmers hinaus auch auf die inhaltliche Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses erstreckt und die Vertragsfreiheit des Arbeitgebers insoweit eingeschränkt10. Dieses dient aber dem Schutz des Arbeitnehmers und soll dessen Interesse an dauerhaften arbeitsvertraglichen Bindungen Rechnung tragen. Der Personalrat soll prüfen können, ob die beabsichtigte Befristung nach den Grundsätzen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle wirksam ist. Außerdem soll er auch bei Vorliegen einer Rechtfertigung für die Befristung darauf Einfluss nehmen können, ob im Interesse des Arbeitnehmers von einer Befristung abgesehen oder wegen der dem Arbeitnehmer zugewiesenen Arbeitsaufgaben oder der in Aussicht genommenen Befristungsgründe eine längere Vertragslaufzeit vereinbart werden kann11. Demgegenüber soll die Gleichstellungsbeauftragte nicht das Interesse der Beschäftigten an dauerhaften arbeitsvertraglichen Bindungen vertreten und die Wirksamkeit einer Befristung (mit-)überprüfen. Ihre Aufgabe ist es vielmehr, als Teil der Verwaltung für die Durchsetzung der Gleichstellung in der Dienststelle zu sorgen12. Auch die Gesetzesziele nach § 1 LGG NW – Verwirklichung des Grundrechts der Gleichberechtigung von Frauen und Männern; Gleichstellungsförderung zum Abbau bestehender Benachteiligungen; Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Frauen und Männer – erfordern keine Mitwirkung der Gleichstellungsbeauftragten bei der Individualvereinbarung einer Befristung.

Nach all dem kommt es nicht darauf an, ob die unterbliebene Mitwirkung der Gleichstellungsbeauftragten eine Rechtsunwirksamkeit der Befristung überhaupt bewirkte. Gegen eine solche Annahme spräche jedenfalls § 18 Abs. 3 Satz 1 LGG NW, wonach der Gesetzgeber wegen der weitreichenden Folgen der Unwirksamkeit von Maßnahmen insbesondere im personalrechtlichen Bereich bewusst die Folge der Rechtswidrigkeit gewählt hat und nicht die der – in der Rechtsfolgenbetrachtung deutlich weitergehenden – Unwirksamkeit13. Diese Intention wäre konterkariert, wenn man bei der unterbliebenen gleichstellungsrechtlichen Beteiligung im Bereich von privatrechtlichen Vereinbarungen eine weitergehende Rechtsfolge annähme. Zudem ließe die Annahme der Unwirksamkeit einer Befristung, unterstellte man diese dem gleichstellungsrechtlichen Maßnahmebegriff, unberücksichtigt, dass der Gleichstellungsbeauftragten – im Gegensatz zum Personalrat – ein „echtes“ Mitentscheidungsrecht in dem Sinn, dass die Befristung nicht ohne ihre Zustimmung vereinbart werden darf, nicht zur Verfügung steht.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12. Juni 2024 – 7 AZR 203/23

  1. vgl. BAG 8.07.1998 – 7 AZR 308/97, zu 3 der Gründe mwN []
  2. GV.NRW. 1999 S. 590; zuletzt geändert durch Art. 16 des Gesetzes vom 01.02.2022 – GV.NRW. 2022 S. 122 []
  3. aA Bülow LGG NW § 17 Rn. 40 []
  4. ebenso – für die „Versetzung“ – OVG Nordrhein-Westfalen 19.06.2015 – 6 A 589/12, zu II 1 a aa der Gründe []
  5. vgl. LT-Drs. 12/3959 S. 59 f. []
  6. vgl. auch – im Ergebnis aber wohl weitergehend, zum BGleiG: v. Roetteken BGleiG Stand Juli 2022 § 25 Rn. 236 ff.: jede Handlung, Entscheidung, Regelung oder Ähnliches, die den aktuellen Zustand verändern soll und sich auf die Situation von Beschäftigten auswirken kann []
  7. LT-Drs. 16/12366 S. 80 []
  8. vgl. OVG NRW, Urteile vom 24.02.2010 – 6 A 1978/07, Rn. 41, 19.06.2015 – 6 A 589/12, Rn. 72 []
  9. LT-Drs. 12/3959 S. 59 f. []
  10. vgl. BAG 14.06.2017 – 7 AZR 608/15, Rn. 38 []
  11. BAG 14.06.2017 – 7 AZR 608/15, Rn. 40 []
  12. LT-Drs. 12/3959 S. 58 f. []
  13. LT-Drs. 16/12366 S. 80 []