Die Teilzeitbeschäftigung eines Postbeamten – und die ruhegehaltfähigen Dienstzeit ***

Für die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit bei Teilzeitbeschäftigung ist die sich aus der Teilzeitquote im Teilzeitbewilligungsbescheid ergebende Dienstzeit maßgeblich; bei Versetzung in den Ruhestand nicht abgebaute Zeitguthaben auf Lebensarbeitszeitkonten sind grundsätzlich versorgungsrechtlich irrelevant.

Im Versorgungsrecht ist die Rechtslage maßgeblich, die bei Eintritt des Versorgungsfalls gilt, soweit nicht Übergangsvorschriften etwas anderes regeln1. Maßgebend für die Bestimmung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit des hier klagenden Postoberamtsrats (BesGr A 13 BBesO) ist deshalb § 6 des Gesetzes über die Versorgung der Beamten und Richter des Bundes (Beamtenversorgungsgesetz – BeamtVG) i. d. F. der Bekanntmachung vom 24.02.20102, für den hier maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Art. 9 Nr. 6 Buchst. a Doppelbuchst. bb des Gesetzes zur Modernisierung der Strukturen des Besoldungsrechts und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften (Besoldungsstrukturenmodernisierungsgesetz – BesStMG) vom 09.12.20193.

Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG ist ruhegehaltfähig die Dienstzeit, die der Beamte vom Tage seiner ersten Berufung in das Beamtenverhältnis an im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn im Beamtenverhältnis zurückgelegt hat. Zeiten einer Teilzeitbeschäftigung sind nach § 6 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 BeamtVG nur zu dem Teil ruhegehaltfähig, der dem Verhältnis der ermäßigten zur regelmäßigen Arbeitszeit entspricht. Danach vermindert sich die Ruhegehaltfähigkeit der in Teilzeit zurückgelegten Beamtendienstzeiten strikt zeitanteilig nach ihrem Verhältnis zu der möglichen Vollzeit („pro rata temporis“)4.

Die „regelmäßige Arbeitszeit“ der bei der Deutschen Post AG beschäftigten Beamten betrug in den hier maßgeblichen Zeitabschnitten 38, 5 Wochenstunden (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung zur Regelung der Arbeitszeit für die bei der Deutschen Post AG beschäftigten Beamtinnen und Beamten i. d. F. der Bekanntmachung vom 09.12.2003 , zuletzt geändert durch Art. 2 der Verordnung über die Altersteilzeit von Beamtinnen und Beamten bei der Deutschen Post AG vom 07.12.2015 ). Demgegenüber ist die „ermäßigte Arbeitszeit“ die in den Teilzeitbewilligungsbescheiden mittels der Teilzeitquote auf 19, 25 Wochenstunden festgesetzte Arbeitszeit. Die Anordnung von Teilzeitbeschäftigung mittels Teilzeitbewilligungsbescheid als rechtsgestaltendem Verwaltungsakt stellt die Rechtsgrundlage für die Gewährung entsprechend geringerer Dienstbezüge in der Teilzeitphase und für die entsprechend ermäßigte Berücksichtigung der Teilzeit bei der Ermittlung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit dar5.

Zusätzliche Arbeitsleistungen sind bei der Festsetzung der Versorgungsbezüge nicht als ruhegehaltfähig berücksichtigungsfähig. Der Postbeamte hat den über die Teilzeitquote hinaus verrichteten Dienst nicht in Erfüllung der Verpflichtungen aus seiner Teilzeitbeschäftigung als reguläre Dienstzeit erbracht. Die zusätzliche Arbeitsleistung diente vielmehr dem Aufbau eines Zeitguthabens auf dem Lebensarbeitszeitkonto des Postbeamten, das zu einem späteren Zeitpunkt in eine Freistellung münden und mit dem die Erbringung der Arbeitsleistung in der Freistellungsphase fingiert werden sollte6.

Diese Einordnung entspricht dem Regelungsmodell der Post-Arbeitszeitverordnung. Danach ist ein Zeitguthaben auf einem Lebensarbeitszeitkonto nicht das Resultat regulärer Dienstzeit. Denn nach § 9 Abs. 1 Satz 2 Post-AZV können auf einem Lebenszeitkonto nur Ansprüche auf Dienstbefreiung für dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit (Nr. 1) oder – speziell bei Teilzeitbeschäftigten wie dem Postbeamten, die über die verminderte Arbeitszeit hinaus Dienst verrichten – die Differenz zwischen der verminderten Arbeitszeit und der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit (Nr. 2) angespart werden. Die zum Aufbau eines Zeitguthabens erbrachte Arbeitsleistung ist somit weder reguläre Dienstzeit noch Ersatz hierfür. Zeitguthaben auf Lebensarbeitszeitkonten sind deshalb für Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte gleichermaßen versorgungsrechtlich irrelevant.

Ausgehend hiervon hat die Beklagte die ruhegehaltfähigen Dienstzeiten des Postbeamten im streitgegenständlichen Zeitraum Januar 2017 bis August 2019 zutreffend festgesetzt. Denn dem Postbeamten war antragsgemäß eine Teilzeitbeschäftigung mit einer Arbeitszeit von 50% der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit bewilligt worden. Dieser Quote entsprechend weist die Anlage zum Bescheid vom 13.01.2020 die festgesetzte ruhegehaltfähige Dienstzeit aus („Teilzeit 50,000 /100,000“).

Die Teilzeitbewilligungsbescheide sind unverändert wirksame Grundlage für die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit. Sie sind weder durch die finanzielle Abgeltung des im Zeitpunkt des Ruhestandseintritts noch nicht abgebauten Zeitguthabens noch durch die Bewilligung des „Engagierten Ruhestands“ aufgehoben oder geändert worden.

Die Teilzeitbewilligungsbescheide sind trotz der dem Postbeamten gewährten finanziellen Abgeltung des Zeitguthabens weiterhin wirksam.

Nach § 43 Abs. 2 VwVfG bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Ein Anspruch auf Nachzahlung der Besoldung und nachträgliche Anerkennung der Ruhegehaltfähigkeit besteht demnach nur, wenn zuvor der festgesetzte Umfang der Teilzeitbeschäftigung – und mithin der Teilzeitbewilligungsbescheid – aufgehoben worden ist. Andernfalls verstießen die Nachzahlung der Besoldung und die weitergehende Anerkennung als ruhegehaltfähig gegen § 6 Abs. 1 BBesG und das in § 2 BBesG sowie in § 3 BeamtVG aufgestellte strikte Verbot, Besoldung und Versorgung ohne gesetzliche Rechtsgrundlage zu gewähren7.

Die finanzielle Abgeltung des im Zeitpunkt des Ruhestandseintritts nicht abgebauten Zeitguthabens lässt die Wirksamkeit der Teilzeitbewilligungsbescheide unberührt. § 9 Abs. 2 Satz 4 Post-AZV sieht im vorliegenden Fall, in dem eine Freistellung bis zum Eintritt in den Ruhestand nicht möglich ist oder ein Freistellungszeitraum vorzeitig endet, die finanzielle Abgeltung des verbleibenden Zeitguthabens vor. Nach § 9 Abs. 2 Satz 5 Post-AZV sind für die Ermittlung der Höhe der Abgeltung § 4 Abs. 1 und § 4a der Bundesmehrarbeitsvergütung entsprechend anzuwenden. An die Stelle des mit dem Zeitguthaben korrespondierenden Anspruchs auf Freistellung tritt im Fall der Unmöglichkeit der Inanspruchnahme ein Abgeltungsanspruch als dessen Surrogat8. Dieser besteht neben und unabhängig von dem sich originär aus den Teilzeitbewilligungsbescheiden ergebenden Besoldungsanspruch (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 BBesG).

Für die Gewährung der finanziellen Abgeltung des im Zeitpunkt des Ruhestandseintritts noch vorhandenen Zeitguthabens gab es mithin eine eigenständige Rechtsgrundlage; einer Aufhebung oder Änderung der bestehenden Teilzeitbewilligungsbescheide bedurfte es nicht.

Auch die antragsgemäße Bewilligung des „Engagierten Ruhestands“ hat nicht zu einer konkludenten Aufhebung der Teilzeitbewilligungsbescheide geführt.

Die Aufhebung von Verwaltungsakten kann zwar auch konkludent erfolgen, wenn dies – ausgehend vom sog. Empfängerhorizont – hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt9. Dabei ist bei einem objektiven Widerspruch der Regelungsgehalte zweier Verwaltungsakte regelmäßig von einer konkludenten Aufhebung auszugehen10.

Hieran fehlt es im vorliegenden Fall jedoch. Wie das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Berufungsurteil11 zutreffend ausgeführt hat, kann dem Bewilligungsbescheid kein Aufhebungswille hinsichtlich der bestehenden Teilzeitbewilligungsbescheide entnommen werden. Auch im Übrigen sind Anhaltspunkte für eine konkludente Aufhebung nicht erkennbar. Auch der Postbeamte hatte hierfür keine Notwendigkeit gesehen und entsprechende Anträge nicht gestellt. Hierfür bestand auch keine zwingende Notwendigkeit. Denn die Bewilligung des „Engagierten Ruhestands“ hat keinen unmittelbaren Einfluss auf die Teilzeitbewilligung. Vielmehr sah die geltende „Störfallregelung“ in § 9 Abs. 2 Satz 4 Post-AZV im Fall der nachträglichen Unmöglichkeit einer Freistellung (nur) eine finanzielle Abgeltung des nicht abgegoltenen Zeitguthabens vor. Einer Änderung oder Aufhebung der bestehenden Teilzeitbewilligungsbescheide bedarf es insoweit nicht. Dies entspricht im Übrigen auch der Regelung in § 2a ATZV, die ebenfalls keine Rückabwicklung in versorgungsrechtlicher Hinsicht vorsieht. Die Bewilligung des „Engagierten Ruhestands“ steht daher auch nicht in einem objektiven Widerspruch zum Regelungsgehalt der Teilzeitbewilligungsbescheide.

Dem Postbeamten steht auch kein Anspruch auf rückwirkende Aufhebung der bestandskräftigen Teilzeitbewilligungsbescheide zu.

Dies folgt zunächst schon daraus, dass die Aufhebung der Teilzeitbewilligungsbescheide einem eigenständigen Verwaltungsverfahren vorbehalten ist, das der Postbeamte nicht beschritten hat. Prüfungsgegenstand im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits kann daher allein die inzidente Prüfung sein, ob die Beklagte die Bescheide von Amts wegen hätte ändern oder aufheben müssen. In diesem Fall wäre die Einbeziehung eines entsprechenden Anspruchs in den vorliegenden Rechtsstreit im Interesse der Gewährung effektiven Rechtsschutzes denkbar.

Ein entsprechender Anspruch des Postbeamten folgt indes nicht aus § 51 Abs. 5 i. V. m. §§ 48, 49 VwVfG.

Da es sich bei der in den Teilzeitbewilligungsbescheiden enthaltenen Anordnung einer Teilzeitbeschäftigung um eine Maßnahme handelt, die dauerhaft Rechtswirkungen entfaltet (sog. Dauerverwaltungsakt), finden die Regelungen nach § 51 VwVfG über das Wiederaufgreifen des Verfahrens Anwendung. Soweit sich ein Aufhebungsanspruch nicht aus § 51 Abs. 1 bis Abs. 3 VwVfG ergibt, steht die Entscheidung über die Aufhebung nach § 51 Abs. 5 VwVfG im behördlichen Ermessen12.

Der Gesetzgeber räumt bei der Aufhebung bestandskräftiger belastender Verwaltungsakte in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise weder dem Vorrang des Gesetzes noch der Rechtssicherheit als Ausprägungen des Rechtsstaatsprinzips einen generellen Vorrang ein. Die Prinzipien der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Bestandskraft von Verwaltungsakten stehen vielmehr gleichberechtigt nebeneinander. Auch die Verfassungs- und Grundrechtsbindung der öffentlichen Gewalt (Art. 1 Abs. 3, Art.20 Abs. 3 GG) führt nicht dazu, dass das einer Behörde durch eine Ermächtigung im Hinblick auf die Aufhebung von Verwaltungsakten eingeräumte Ermessen allein deshalb auf Null reduziert ist, weil der Verwaltungsakt verfassungs- oder grundrechtswidrig ist13. Im Hinblick auf das Gebot der materiellen Gerechtigkeit besteht jedoch ausnahmsweise dann ein Anspruch auf Aufhebung eines bestandskräftigen Verwaltungsakts, wenn dessen Aufrechterhaltung schlechthin unerträglich ist14. Ob ein solcher Ausnahmefall angenommen werden kann, hängt von den Umständen des Einzelfalls und einer Gewichtung der einschlägigen Gesichtspunkte ab15.

Ausgehend hiervon ist eine Aufrechterhaltung der Teilzeitbewilligungsbescheide nicht schlechthin unerträglich. Der Umstand, dass nachträglich günstigere Möglichkeiten für den Eintritt in den Vorruhestand geschaffen wurden, reicht hierfür nicht aus16. Der Postbeamte hat durch die Versetzung in den „Engagierten Ruhestand“ zwar nachträglich eine versorgungsrechtliche Entwertung seines Zeitguthabens auf dem Lebensarbeitszeitkonto und damit der im Vorgriff auf die geplante Inanspruchnahme des Altersteilzeitmodells erbrachten Arbeitsleistung erfahren. Die Unmöglichkeit der Inanspruchnahme der Freistellungsphase im Rahmen der Altersteilzeit mit der Folge des Nichterwerbs weiterer ruhegehaltfähiger Dienstzeiten geht jedoch auf seinen eigenen Antrag zurück. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall von Konstellationen, bei denen die nachträglich eingetretene Unmöglichkeit der Inanspruchnahme bereits erdienter Freistellungszeiten auf die Dienstunfähigkeit oder andere nicht vom Beamten selbst verantwortete Entscheidungen zurückgeht. Mit der Inanspruchnahme des „Engagierten Ruhestands“ hat sich der Postbeamte bewusst und in Kenntnis der versorgungsrechtlichen Konsequenzen gegen das ursprünglich von ihm ins Auge gefasste Altersteilzeitmodell entschieden, um sich bereits zu einem früheren Zeitpunkt der Pflege seiner Mutter widmen zu können. Darüber hinaus stehen dem „Verlust“ weiterer ruhegehaltfähiger Dienstzeiten Vorteile gegenüber, die für den Postbeamten darin bestehen, dass er bereits zum 1.01.2020 in den Ruhestand versetzt worden ist und einen Ausgleichsbetrag zum Ruhegehalt in Höhe des Versorgungsabschlags für die gesamte Dauer des Versorgungsbezugs erhält (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 2 BEDBPStruktG). Darüber hinaus hat der Postbeamte für das von ihm angesparte Zeitguthaben eine finanzielle Abgeltung erhalten.

Der Postbeamte hat den Wechsel der unterschiedlichen Ruhestandsmodelle, die je unterschiedliche Vor- und Nachteile mit sich bringen, bewusst und in Kenntnis der damit verbundenen versorgungsrechtlichen Folgen gewählt und beschritten. Er hat folglich auch die nachteiligen Folgen des „Spurwechsels“ zu tragen, und kann nicht die jeweils für ihn günstigen Teilelemente isoliert im Sinne eines „Rosinenpickens“ für sich in Anspruch nehmen.

Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus einer analogen Anwendung des § 9 Abs. 2 Satz 4 Post-AZV.

Wie vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zutreffend ausgeführt17, liegen die Voraussetzungen einer analogen Anwendung des § 9 Abs. 2 Satz 4 Post-AZV auf den vorliegenden Fall nicht vor. Nicht nur fehlt es an einer planwidrigen Regelungslücke, weil die Verordnungsermächtigung in § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 des Gesetzes zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren Deutschen Bundespost (Postpersonalrechtsgesetz – PostPersRG) i. d. F. der Bekanntmachung vom 14.09.199418, zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes zur Beschleunigung von Disziplinarverfahren in der Bundesverwaltung und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften vom 20.12.202319 – soweit hier relevant – eine Regelung nur für die finanzielle Abgeltung von Zeitguthaben zulässt. Eine analoge Anwendung des § 9 Abs. 2 Satz 4 Post-AZV führte überdies schon deshalb nicht zur Aufhebung der Teilzeitbewilligungsbescheide, weil mit einer Analogie nur die Rechtsfolge einer Norm – hier die finanzielle Abgeltung des Zeitguthabens – auf einen vom Normgeber nicht erfassten Sachverhalt erstreckt werden kann20. § 9 Abs. 2 Satz 4 Post-AZV enthält aber keine auf die versorgungsrechtliche Stellung bezogene Rechtsfolge.

Der Anspruch folgt auch nicht aus § 91 Abs. 3 Satz 2 BBG.

Entgegen der Auffassung des Postbeamten bietet diese Regelung bereits keine taugliche Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch. Denn die „Zulassung“ einer Änderung des Umfangs der Teilzeitbeschäftigung findet nur ex nunc für in die Zukunft gerichtete Änderungen Anwendung21. Diesem Begehren hat die Beklagte im Übrigen entsprochen: Die Teilzeitbeschäftigung des Postbeamten ist mit Wirkung zum 1.09.2019 aufgehoben worden und der Postbeamte zur Vollzeitbeschäftigung zurückgekehrt.

Aus den unionsrechtlichen Vorgaben folgt nichts anderes.

§ 4 Nr. 1 des Anhangs zur Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15.12.1997 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit22, zuletzt geändert durch RL 98/23/EG vom 07.04.199823, – nachfolgend: RL 97/81/EG – gebietet die versorgungsrechtliche Berücksichtigung eines zum Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand vorhandenen Zeitguthabens im vorliegenden Fall nicht.

Aus § 4 Nr. 1 des Anhangs zur RL 97/81/EG folgt, dass eine geringere Arbeitszeit grundsätzlich nur quantitativ, nicht qualitativ anders abgegolten werden darf als Vollzeitarbeit, denn Teilzeitarbeit unterscheidet sich von Vollzeitarbeit nur in quantitativer, nicht in qualitativer Hinsicht. Ungleiche Beschäftigungsbedingungen für Voll- und Teilzeitbeschäftigte sind im Regelfall nur insoweit zulässig, als die Ungleichbehandlung dem unterschiedlichen zeitlichen Arbeitsumfang Rechnung trägt. Demnach liegt eine gleichheitswidrige Behandlung eines teilzeitbeschäftigten gegenüber einem vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Beamten vor, wenn der teilzeitbeschäftigte Beamte im maßgeblichen Zeitraum relativ stärker belastet oder relativ schlechter bezahlt wird als der vollzeitbeschäftigte Beamte24.

Soweit eine Ungleichbehandlung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten vorliegt, ist ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des § 4 Nr. 1 des Anhangs zur RL 97/81/EG gegeben, wenn die unterschiedliche Behandlung nicht aus objektiven Gründen gerechtfertigt ist. Darunter sind Gründe zu verstehen, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Beschäftigungsumfangs zu tun haben und die auch nicht dazu führen, dass tragende Grundsätze des Gemeinschaftsrechts ausgehöhlt werden. Ob ein derartiger Rechtfertigungsgrund vorliegt, müssen die Gerichte der Mitgliedstaaten feststellen, weil sie für die Beurteilung des Sachverhalts und die Auslegung des innerstaatlichen Rechts allein zuständig sind25.

Unter Anwendung dieser Grundsätze ist bereits eine Ungleichbehandlung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten zu verneinen. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Post-AZV kann Beamten die Führung eines Lebensarbeitszeitkontos gestattet werden, wenn keine betrieblichen oder betriebswirtschaftlichen Gründe entgegenstehen. Eine Beschränkung in Bezug auf eine bestimmte Art der Beschäftigung (Voll- oder Teilzeit) sieht die Post-Arbeitszeitverordnung nicht vor. Bei vollzeitbeschäftigten Beamten kann ein Zeitguthaben auf dem Lebensarbeitszeitkonto – bei entsprechendem Antrag – nach § 9 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Post-AZV bei Ansprüchen auf Dienstbefreiung für dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit angespart werden. Auch bei vollzeitbeschäftigten Beamten löst die Unmöglichkeit der Inanspruchnahme einer Freistellung auf Basis des angesparten Zeitguthabens am Ende der Altersteilzeit oder bis zum Eintritt in den Ruhestand lediglich einen Anspruch auf finanzielle Abgeltung des Zeitguthabens aus (§ 9 Abs. 2 Satz 4 und 5 Post-AZV). In struktureller Hinsicht liegt damit keine Ungleichbehandlung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten vor.

Zusätzliche Arbeitsleistung, d. h. bei vollzeitbeschäftigten Beamten über die normativ geregelte Wochenarbeitszeit hinausgehende und bei teilzeitbeschäftigten Beamten über die sich aus der Teilzeitquote ergebende Wochenarbeitszeit hinausgehende Arbeitszeit, ist – auch als Zeitguthaben auf einem Lebensarbeitszeitkonto – für die Versorgung sowohl der vollzeitbeschäftigten als auch der teilzeitbeschäftigten Beamten demnach gleichermaßen irrelevant; in beiden Fällen spielt die zusätzliche Arbeit keine Rolle bei der für die Berechnung der Versorgungsbezüge maßgeblichen Dauer der Dienstzeit nach § 6 Abs. 1 Satz 1 und 3 BeamtVG26.

Soweit der Postbeamte schließlich einen Vergleich von Teilzeitbeschäftigten mit Erwerb von Zeitguthaben auf dem Lebensarbeitszeitkonto zu Vollzeitbeschäftigten zieht, liegt bereits keine vergleichbare Ausgangslage vor. Denn der Vollzeitbeschäftigte erwirbt mit seiner Arbeitsleistung keinen Anspruch auf – flexibel einsetzbare – Freistellung. Die Ausgangslage der gewählten Vergleichsgruppen unterscheidet sich daher in wesentlicher Weise.

Schließlich geht – worauf bereits hingewiesen wurde – die nunmehr beanstandete Wirkung auf einen eigenen Antrag des Postbeamten zurück.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 2. Mai 2024 – 2 C 13.23

  1. stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 01.10.2020 – 2 C 9.20, BVerwGE 169, 293 Rn. 8; und vom 20.04.2023 – 2 C 11.22, Rn. 16 []
  2. BGBl. I S. 150 []
  3. BGBl. I S.2053 []
  4. BVerwG, Urteil vom 25.03.2010 – 2 C 72.08, BVerwGE 136, 165 Rn. 10 []
  5. vgl. BVerwG, Urteile vom 17.06.2010 – 2 C 86.08, BVerwGE 137, 138 Rn. 10; und vom 09.11.2023 – 2 C 12.22, Rn. 14 []
  6. vgl. BVerwG, Urteile vom 28.10.2015 – 2 C 15.15, Buchholz 240 § 45 BBesG Nr. 2 Rn. 21; und vom 19.11.2015 – 2 C 3.15, Buchholz 232.01 § 44 BeamtStG Nr. 1 Rn. 18 []
  7. vgl. BVerwG, Urteil vom 16.10.2008 – 2 C 20.07, Rn. 18 []
  8. vgl. BVerwG, Urteil vom 28.01.2016 – 2 C 10.15, Buchholz 240 § 6 BBesG Nr. 32 Rn. 12 f. []
  9. vgl. BVerwG, Urteile vom 23.09.1998 – 6 C 2.98, Rn.20; und vom 09.05.2012 – 6 C 3.11, BVerwGE 143, 87 Rn. 39 []
  10. vgl. BVerwG, Urteil vom 18.05.2010 – 3 C 23.09, Buchholz 427.3 § 349 LAG Nr. 25 Rn. 17 m. w. N.; Beschluss vom 29.01.2016 – 8 B 6.16, Rn. 6 []
  11. OVG RLP, Urteil vom 28.01.2022 – 10 A 10869/21.OVG []
  12. vgl. BVerwG, Urteil vom 09.09.2021 – 2 C 1.20 -‌ BVerwGE 173, 228 Rn. 28; Beschlüsse vom 08.05.2013 – 2 B 5.13 und 2 B 24.13, jeweils Rn. 9; s. a. Beschluss vom 23.04.2015 – 2 B 69.14 -‌ Buchholz 237.8 § 80f RhPLBG Nr. 1 Rn. 8 []
  13. vgl. BVerwG, Urteil vom 09.09.2021 – 2 C 1.20, BVerwGE 173, 228 Rn. 28; Beschluss vom 08.06.2021 – 9 B 26.20, Buchholz 11 Art. 1 GG Nr. 22 Rn. 6 ff. []
  14. vgl. BVerwG, Urteile vom 07.10.2020 – 2 C 18.19, BVerwGE 169, 318 Rn. 42; und vom 09.09.2021 – 2 C 1.20, BVerwGE 173, 228 Rn. 28; Beschluss vom 12.11.2020 – 2 B 2.20, Buchholz 449 § 56 SG Nr. 9 Rn. 8 []
  15. vgl. BVerwG, Urteile vom 17.01.2007 – 6 C 32.06, Rn. 13; vom 24.02.2011 – 2 C 50.09, Buchholz 316 § 51 VwVfG Nr. 58 Rn. 11; vom 07.10.2020 – 2 C 18.19, BVerwGE 169, 318 Rn. 42; und vom 09.09.2021 – 2 C 1.20, BVerwGE 173, 228 Rn. 28 []
  16. vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.04.2015 – 2 B 69.14, Buchholz 237.8 § 80f RhPLBG Nr. 1 Rn. 12 []
  17. OVG RLP, a.a.O. []
  18. BGBl. I S. 2325, 2353 []
  19. BGBl. I Nr. 389 []
  20. stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 28.06.2012 – 2 C 13.11, BVerwGE 143 Rn. 24; und vom 23.04.2015 – 2 C 35.13, BVerwGE 152, 68 Rn. 23; Beschluss vom 12.01.2023 – 2 B 38.22, Rn. 13 []
  21. vgl. Battis, BBG, 6. Aufl.2022, § 91 Rn. 24 []
  22. ABl.1998 L 14 S. 9, ber. ABl.1998 L 128 S. 71 []
  23. ABl.1998 L 131 S. 10 []
  24. vgl. EuGH, Urteil vom 27.05.2004 – C-285/02, Elsner-‌Lakerberg, Rn. 17; BVerwG, Urteil vom 09.11.2023 – 2 C 12.22 -‌ Rn. 18 []
  25. vgl. BVerwG, Urteile vom 20.10.2022 – 2 C 30.20 -‌ Buchholz 240 § 47 BBesG Nr.19 Rn. 18 m. w. N.; und vom 09.11.2023‌ – 2 C 12.22, Rn.19 []
  26. vgl. BVerwG, Urteil vom 09.11.2023 – 2 C 12.22, Rn. 21 []