Abbruch eines Auswahlverfahrens – und der Schadensersatzanspruch des nicht berücksichtigten Bewerbers
Verlangt der nicht berücksichtigte Bewerber Schadensersatz wegen Abbruchs des Auswahlverfahrens, muss er zuvor die Fortführung des abgebrochenen Auswahlverfahrens im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes geltend gemacht haben, wenn ihm dies zumutbar und möglich war.
Ein übergangener Bewerber kann Schadensersatz wegen der Nichtberücksichtigung seiner Bewerbung verlangen, wenn ein Arbeitgeber, der bei seiner Auswahlentscheidung an die Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG gebunden ist, eine zu besetzende Stelle zu Unrecht an einen Konkurrenten vergibt, die bei ordnungsgemäßer Auswahl ihm hätte übertragen werden müssen, und der Bewerber es nicht unterlassen hat, den Schaden durch den Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwehren. Der Schadensersatzanspruch folgt – unabhängig vom Amtshaftungsanspruch (§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB, Art. 34 Satz 1 GG) – aus § 280 Abs. 1 BGB sowie § 823 Abs. 2 BGB iVm. Art. 33 Abs. 2 GG als Schutzgesetz.
Dem zurückgewiesenen Bewerber stehen nur dann Schadensersatzansprüche zu, wenn ihm anstelle des Konkurrenten das Amt hätte übertragen werden müssen. Hierfür muss festgestellt werden, dass ein hypothetischer Kausalverlauf bei rechtmäßigem Vorgehen des Arbeitgebers zu einer Entscheidung geführt hätte, die für die Schadensersatz begehrende Partei günstiger gewesen wäre. Der Bewerbungsverfahrensanspruch verlangt nicht, dass, abweichend von sonst geltenden haftungsrechtlichen Grundsätzen, ein Schadensersatzanspruch unabhängig von adäquater Kausalität zwischen Rechtsverletzung und Schaden eingeräumt wird. Das Verhalten des Arbeitgebers im Bewerbungsverfahren ist für den Schaden eines zurückgewiesenen Bewerbers nur ursächlich, wenn sich jede andere Besetzungsentscheidung des Arbeitgebers als rechtsfehlerhaft erwiesen hätte. Dies erfordert eine Reduktion des dem Arbeitgeber zustehenden Auswahlermessens auf null. Eine solche Reduktion ist nur anzunehmen, wenn der zurückgewiesene Bewerber nach den in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Kriterien der bestqualifizierte Bewerber ist. Erst wenn die klagende Partei ihrer diesbezüglichen Darlegungslast genügt, obliegt es dem Arbeitgeber, dem Vortrag substanziiert entgegenzutreten. Dies gilt unabhängig davon, ob der Bewerber seinen Anspruch auf § 280 Abs. 1 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB iVm. Art. 33 Abs. 2 GG stützt.
Ob, in welcher Gestalt und zu welchem Zeitpunkt eine Stelle besetzt werden soll, entscheidet der Dienstherr in Ausübung seiner Organisationsgewalt nach seinen Bedürfnissen. Die Schaffung und Besetzung von Planstellen dient grundsätzlich allein dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Erfüllung der öffentlichen Aufgaben. Sie erfolgt nicht in Wahrnehmung der Fürsorgepflicht des öffentlichen Arbeitgebers gegenüber seinen Beschäftigten. Subjektive Rechte etwaiger Bewerber auf den Erlass einer solchen Entscheidung bestehen grundsätzlich nicht, sondern setzen sie voraus. Dies gilt auch für die vorgelagerte Frage, wann eine hierauf bezogene Auswahlentscheidung getroffen wird.
Aus der Art. 33 Abs. 2 GG vorgelagerten Organisationsgewalt des öffentlichen Arbeitgebers folgt, dass es ihm im Grundsatz obliegt, nicht nur darüber zu entscheiden, ob und wann er welche Statusämter vorhält, sondern – im Rahmen einer angemessenen Ausgestaltung des Auswahlverfahrens – auch, wann er diese endgültig besetzen will. Die organisatorische Entscheidungshoheit des öffentlichen Arbeitgebers über die zeitliche Dimension der Stellenbesetzung wird somit – abgesehen von Missbrauchsfällen – nicht durch subjektive Rechtspositionen des Bewerbers eingeschränkt. Es gibt keinen Anspruch auf die vom Stellenbewerber erstrebte zügige Durchführung des Bewerbungsverfahrens oder auf eine Entscheidung über die Bewerbung zu einem bestimmten Zeitpunkt. Dies beruht darauf, dass bereits kein Anspruch auf Bereitstellung einer Stelle besteht.
Die Ausgestaltung des Auswahlverfahrens muss aber dem grundgesetzlich verbürgten Bewerbungsverfahrensanspruch Rechnung tragen und darf dessen Inanspruchnahme nicht vereiteln oder unangemessen erschweren. Der Dienstherr darf seine Organisationsgewalt nicht gezielt und manipulativ einsetzen, um eine Auswahlentscheidung zugunsten oder zulasten einzelner Bewerber zu steuern.
Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Öffentliche Ämter im Sinne dieser Vorschrift sind nicht nur Beamtenstellen, sondern auch solche Stellen, die ein öffentlicher Arbeitgeber mit Arbeitnehmern zu besetzen beabsichtigt. Der unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistete Grundsatz der Bestenauslese dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes. Zum anderen trägt die Verfassungsnorm dem berechtigten Interesse der Bediensteten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass sie grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet. Beamten und Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst steht deshalb bei der Besetzung von Ämtern des öffentlichen Dienstes ein verfassungsrechtlicher Bewerbungsverfahrensanspruch zu. Daraus folgt angesichts der Kriterien Eignung, Befähigung und fachliche Leistung in Art. 33 Abs. 2 GG ein subjektives Recht jedes Bewerbers auf chancengleiche Teilnahme am Bewerbungsverfahren.
Der aus Art. 33 Abs. 2 GG folgende Bewerbungsverfahrensanspruch setzt dem Grundsatz nach voraus, dass die begehrte Stelle noch nicht besetzt ist. Für eine Neubescheidung ist kein Raum, wenn die Stelle dem erfolgreichen Konkurrenten rechtswirksam auf Dauer übertragen worden und damit nicht mehr verfügbar ist. Der unterlegene Bewerber hat regelmäßig keinen Anspruch auf “Wiederfreimachung” oder Doppelbesetzung der Stelle. Nur wenn der öffentliche Arbeitgeber den effektiven Rechtsschutz des Bewerbers vereitelt, gilt eine Ausnahme. Dann ist es ihm entsprechend den Rechtsgedanken aus § 162 Abs. 2 BGB sowie aus §§ 135, 136 BGB verwehrt, dem übergangenen Bewerber die anderweitige Stellenbesetzung entgegenzuhalten. Der Bewerbungsverfahrensanspruch kann auch dadurch erlöschen, dass das Stellenbesetzungsverfahren ohne Ergebnis, das heißt ohne Besetzung der Stelle, abgebrochen wird. Wie eine Übertragung der Stelle an einen Konkurrenten zieht auch ein Abbruch diese Rechtsfolge nur dann nach sich, wenn er rechtsbeständig ist.
Der Abbruch kann aus der Art. 33 Abs. 2 GG vorgelagerten Organisationsgewalt des öffentlichen Arbeitgebers gerechtfertigt sein. Danach hat der öffentliche Arbeitgeber darüber zu entscheiden, ob und wann er welche Statusämter zur Besetzung bereithält. Deshalb kann er das Verfahren abbrechen, weil er die Stelle, die dem erfolgreichen Bewerber übertragen werden sollte, nicht mehr besetzen will. Ebenso stellt es einen sachlichen, dem Organisationsermessen zugehörigen Grund für einen Abbruch dar, wenn der öffentliche Arbeitgeber sich entschlossen hat, die Stelle neu zuzuschneiden.
Im Übrigen bedarf der Abbruch eines Auswahlverfahrens eines sachlichen Grundes, der den Vorgaben aus Art. 33 Abs. 2 GG genügt. Der öffentliche Arbeitgeber kann demnach das Auswahlverfahren zum Beispiel abbrechen, wenn es fehlerhaft ist und nicht mehr zu einer ordnungsgemäßen Auswahlentscheidung führen kann. Genügt die Abbruchentscheidung diesen Vorgaben nicht, ist sie unwirksam und das in Gang gesetzte Auswahlverfahren nach dessen Maßgaben fortzuführen. Eine Neuausschreibung darf dann nicht erfolgen.
In formeller Hinsicht müssen die Bewerber von dem Abbruch rechtzeitig und in geeigneter Form Kenntnis erlangen. Der öffentliche Arbeitgeber muss unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er das Stellenbesetzungsverfahren ohne Stellenbesetzung endgültig beenden will. Der für den Abbruch maßgebliche Grund muss, sofern er sich nicht evident aus dem Vorgang selbst ergibt, schriftlich dokumentiert werden.
Ein rechtswidriger Abbruch des Auswahlverfahrens verletzt den grundrechtsgleichen Bewerbungsverfahrensanspruch. Die Bewerber können daher bereits diese Maßnahme, obwohl sie nur vorbereitenden Charakter besitzt, einer gerichtlichen Kontrolle zuführen.
Effektiver Rechtsschutz (Art.19 Abs. 4 GG) gegen den unberechtigten Abbruch eines Auswahlverfahrens kann nur im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erlangt werden. Der Bewerber begehrt die zeitnahe Fortführung des begonnenen Auswahlverfahrens mit dem bestehenden Bewerberkreis. Dies kann selbst im Erfolgsfall durch eine Hauptsacheklage nicht erreicht werden. Der Verfügungsgrund für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nach §§ 935 ff. ZPO ergibt sich daher aus dem Inhalt des Rechtsschutzbegehrens, das auf eine sofortige Verpflichtung des öffentlichen Arbeitgebers gerichtet ist und daher bereits aus strukturellen Gründen nur im Wege des Eilrechtsschutzes verwirklicht werden kann.
Das Erfordernis einer zeitnahen Klärung folgt auch aus dem Gebot der Rechtssicherheit. Sowohl der öffentliche Arbeitgeber als auch die Bewerber brauchen Klarheit darüber, in welchem Auswahlverfahren die Stelle vergeben wird. Der zeitliche Parallellauf mehrerer auf dieselbe Stelle bezogener Verfahren mit unterschiedlichen Bewerbern würde zu schwierigen Vergabe- und Rückabwicklungsproblemen führen. Die Rechtmäßigkeit des Abbruchs muss daher geklärt sein, bevor in einem weiteren Auswahlverfahren eine Entscheidung getroffen und das Amt vergeben wird. Primärrechtsschutz ist mithin im Wege eines Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung geltend zu machen.
Stellt ein Bewerber nicht innerhalb eines Monats nach Zugang der Abbruchmitteilung einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, darf der Dienstherr nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darauf vertrauen, dass der Bewerber den Abbruch des Auswahlverfahrens nicht angreift, sondern sein Begehren im Rahmen einer neuen Ausschreibung weiterverfolgt. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Monatsfrist für das öffentliche Dienstrecht aus dem für Beamte generell geltenden Rechtsmittelsystem (vgl. § 126 Abs. 2 BBG, § 54 Abs. 2 BeamtStG, § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO) abgeleitet. Sie folgt damit anderen Grundsätzen als die dem Dienstherrn bzw. dem öffentlichen Arbeitgeber vor der endgültigen Besetzung der begehrten Stelle mit einem Konkurrenten auferlegte Wartefrist, mit der die Gewährung effektiven Rechtsschutzes für die unterlegenen Bewerber erst ermöglicht werden soll. Nach Ablauf der Monatsfrist ist die Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit des Abbruchs des Auswahlverfahrens mit einer Hauptsacheklage überprüfen zu lassen, verwirkt. Im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit erscheint es sachgerecht, die Monatsfrist in der Regel auch im Bereich des Arbeitsrechts anzuwenden. Dies zeigt sich insbesondere daran, dass sich Arbeitnehmer und Beamte zeitgleich um dasselbe öffentliche Amt bewerben können. Die Annahme unterschiedlicher Handlungsobliegenheiten, um nach Rechtsschutz nachzusuchen, für die Bewerber um dasselbe öffentliche Amt stände dem Erfordernis entgegen, dass sowohl der öffentliche Arbeitgeber als auch die Bewerber Klarheit darüber brauchen, in welchem Auswahlverfahren die Stelle vergeben wird. Letztlich muss das Bundesarbeitsgericht aber nicht entscheiden, ob die Monatsfrist auch für den Bereich des Arbeitsrechts stets ausreichend und angemessen ist, um eine zeitnahe Klärung darüber herbeizuführen, ob der Bewerber eine einstweilige Verfügung gegen den Abbruch des Auswahlverfahrens beantragen will. Hat der Bewerber von der Möglichkeit, um einstweiligen Rechtsschutz nachzusuchen, überhaupt keinen Gebrauch gemacht, ist er von anschließenden Schadensersatzansprüchen in Anwendung des Rechtsgedankens aus § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen.
Gemessen an diesen Grundsätzen kann der Stellenbewerber im hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall keinen Schadensersatz beanspruchen, weil ihm als zuletzt einzigem Bewerber der Posten als Sachgebietsleiter Bauverwaltung nicht übertragen worden ist. Der mit seiner Bewerbung um die ausgeschriebene Stelle entstandene Bewerbungsverfahrensanspruch des Stellenbewerbers ist durch Abbruch des Auswahlverfahrens 01/2014 erloschen. Der Stellenbewerber kann sich nicht auf die Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs berufen, weil er nicht mit Rechtsmitteln gegen den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens vorgegangen ist, obwohl ihm dies möglich und zumutbar war.
Die Arbeitgeberin hat das Auswahlverfahren dadurch abgebrochen, dass sie entschieden hat, die Stelle dem Stellenbewerber als einzig verbliebenem Bewerber nicht zu übertragen. In dem konkreten Stellenbesetzungsverfahren konnte damit – vorbehaltlich einer Inanspruchnahme von Rechtsmitteln durch den Stellenbewerber – eine Stellenbesetzung nicht mehr stattfinden. Es endete mithin ergebnislos. Für die weiterhin beabsichtigte Besetzung der Stelle hat die Arbeitgeberin sodann ein neues Auswahlverfahren eingeleitet. Diesbezüglich stand dem Stellenbewerber kein Bewerbungsverfahrensanspruch zu, weil er sich auf die Neuausschreibung nicht erneut beworben hat.
Das Bundesarbeitsgericht muss nicht entscheiden, ob für den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens 01/2014 die formellen (Unterrichtung und schriftliche Dokumentation) und materiellen (sachlicher Grund) Wirksamkeitsvoraussetzungen vorgelegen haben. Denn der Stellenbewerber hat den Abbruch des Verfahrens nicht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes angegriffen und kann sich deshalb in einem nachgelagerten Rechtsstreit über Sekundäransprüche auch nicht auf dessen Unwirksamkeit berufen. Die Arbeitgeberin hat den Stellenbewerber mit Schreiben vom 04.12 2015 über den Abbruch des Verfahrens informiert. Sie hat darauf hingewiesen, dass der Gemeinderat beschlossen habe, die Stelle nicht mit ihm als einzig verbliebenem Bewerber zu besetzen, das heißt ihn nicht einzustellen. Damit war auch für den Stellenbewerber eindeutig erkennbar, dass das Verfahren ohne Stellenbesetzung beendet und damit abgebrochen worden ist. Nach den oben dargestellten Grundsätzen hätte es nunmehr dem Stellenbewerber oblegen, gegen den Abbruch des Auswahlverfahrens um einstweiligen Rechtsschutz (auf Fortführung des bisherigen Verfahrens) nachzusuchen. Dies hat er in vorwerfbarer Weise unterlassen. Die Obliegenheit, gegen den Abbruch durch einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vorzugehen, ist spätestens aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.11.2012 ablesbar. Die darin entwickelten Grundsätze können deshalb als Maßstab für die vom anwaltlich vertretenen Stellenbewerber zu beachtende Sorgfalt herangezogen werden. Der gerügte Abbruch des Auswahlverfahrens erfolgte zeitlich nach der oben genannten Entscheidung und deren Fortentwicklung.
Der Stellenbewerber kann nicht mit Erfolg einwenden, es sei ihm unzumutbar gewesen, erneut gegen den Abbruch des Auswahlverfahrens vorzugehen, nachdem er sich bereits zuvor schon einmal gegen den ersten Abbruch desselben Verfahrens gerichtlich zur Wehr setzen musste. Die Arbeitgeberin hat das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 03.11.2015 beachtet, indem sie das Stellenbesetzungsverfahren fortgesetzt und den Stellenbewerber neu beschieden hat. Der damit einhergehende Abbruch des Verfahrens erfolgte in einem völlig anderen Zusammenhang als der erste. Im Dezember 2014 brach die Arbeitgeberin das Verfahren durch Neuausschreibung der Stelle mit einem geänderten Anforderungsprofil ab. Bei der Entscheidung im November 2015, die Stelle nicht mit dem Stellenbewerber als einzig verbliebenem Bewerber zu besetzen, war die Situation – auch für den Stellenbewerber erkennbar – eine andere. Die letzten beiden Mitbewerber des Stellenbewerbers hatten ihre Bewerbungen kurzfristig zurückgezogen, sodass dem Gemeinderat eine echte Auswahlentscheidung nicht mehr möglich war. Ferner hat der Stellenbewerber das gewünschte weitere Vorstellungsgespräch abgesagt. Er konnte somit nicht von vornherein ausschließen, dass der Gemeinderat den Abbruch des Verfahrens für erforderlich hielt, weil dieser ihn nicht mehr für persönlich geeignet erachtete, nachdem er der Einladung zum erneuten Vorstellungsgespräch nicht gefolgt war. Im Rahmen eines Rechtsstreits über die Fortsetzung des Auswahlverfahrens hätte geklärt werden können und müssen, worauf die Arbeitgeberin den Abbruch des Verfahrens tatsächlich gestützt hat und ob die formellen und materiellen Voraussetzungen hierfür vorgelegen haben, insbesondere ein sachlicher Grund für den Abbruch gegeben war. Denn der Anspruch auf Fortführung des Auswahlverfahrens nach Maßgabe der Entscheidung des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 03.11.2015 hat dem Stellenbewerber zu keinem Zeitpunkt einen Anspruch vermittelt, dass das Auswahlverfahren zu Ende geführt oder er gar ausgewählt wird.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12. Dezember 2017 – 9 AZR 152/17