Haushaltsrechtliche Topfwirtschaft – und die Verwendungszulage
Bei dem Anspruch auf Gewährung einer Verwendungszulage gemäß § 46 BBesG a. F. handelt es sich um einen gebundenen Anspruch auf Geld, der dem Anwendungsbereich des § 287 Abs. 2 ZPO in entsprechender Anwendung gemäß § 173 Satz 1 VwGO unterfallen kann, wenn er seiner Höhe nach nur anteilig zu gewähren ist und der Umfang des Anteils in Streit steht
Der Bundesgesetzgeber hat die vormals in § 46 BBesG geregelte Verwendungszulage durch das Siebte Besoldungsänderungsgesetz vom 03.12.20151 mit Wirkung vom 01.01.2016 aufgehoben. Die Fortgeltung des § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG in der bis zum 31.08.2006 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 06.08.20022 auf bremische Beamte ist mit dem Inkrafttreten des Bremischen Besoldungsgesetzes vom 20.12.2016 (BremBesG)3 am 1.01.2017 entfallen. Die Übergangsvorschrift aus Anlass des Wegfalls der Zulage in § 79 BremBesG ist am 30.04.2019 außer Kraft getreten. Entsprechend dem Zweck der Grundsatzrevision, eine für die Zukunft richtungsweisende Klärung herbeizuführen, rechtfertigen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Rechtsfragen zu ausgelaufenem Recht sowie zu Übergangsrecht regelmäßig nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache. Eine Revisionszulassung wegen solcher Fragen kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn die Beantwortung der Fragen für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft von Bedeutung ist. Diese besonderen Voraussetzungen müssen in der Beschwerdebegründung gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt werden4. An dieser Darlegung fehlt es hier.
Ungeachtet dessen lässt sich die von der Beschwerde bezeichnete Frage auf der Grundlage der bereits ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eindeutig beantworten, ohne dass es dafür der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die in § 287 Abs. 2 ZPO geregelte Möglichkeit der gerichtlichen Schätzung gemäß § 173 Satz 1 VwGO im Verwaltungsprozess entsprechende Anwendung finden kann5.
Nach § 287 Abs. 2 ZPO sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen als der Schadensermittlung die Vorschriften des § 287 Abs. 1 Satz 1, 2 ZPO entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teils der Forderung in keinem Verhältnis stehen. In diesem Fall entscheidet das Gericht gemäß § 287 Abs. 2 i. V. m. § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO über die Höhe der Forderung unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung, und es bleibt gemäß § 287 Abs. 2 i. V. m. § 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO seinem Ermessen überlassen, ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme anzuordnen ist.
Bei dem Anspruch auf Gewährung einer Verwendungszulage gemäß § 46 BBesG a. F. handelt es sich um einen gebundenen Anspruch auf Geld, der dem Anwendungsbereich des § 287 Abs. 2 ZPO unterfallen kann, wenn er seiner Höhe nach nur anteilig zu gewähren ist und der Umfang des Anteils in Streit steht. Ein die Höhe des Anteils bestimmender Umstand ist die Anzahl der Anspruchsberechtigten. Entgegen der Annahme der Beschwerde handelt es sich dabei nicht um eine (auch) anspruchsbegründende Tatsache, die der gerichtlichen Schätzung entzogen ist. Die Frage, wie groß der Kreis der Anspruchsberechtigten ist, betrifft nicht das Merkmal der „haushaltsrechtlichen Voraussetzungen“ auf der Tatbestandsseite des § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG a. F., sondern allein die Rechtsfolgenseite der Zulagennorm, und damit die Forderungshöhe.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts folgt bereits aus dem allein auf das Vorliegen der „haushaltsrechtlichen Voraussetzungen“ abstellenden Wortlaut, dass es bei diesem Tatbestandsmerkmal nur darauf ankommt, ob nach den Festlegungen des Haushaltsplans im Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs Haushaltsmittel für die Übertragung eines höherwertigen Amtes verfügbar sind; die Zulage ist nur aus den auf besetzbare Planstellen entfallenden Haushaltsmitteln zu bestreiten. Dies bedeutet, dass die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen für die Übertragung des höherwertigen Amtes i. S. v. § 46 Abs. 1 BBesG a. F. erfüllt sind, wenn für die Beförderung des betreffenden Beamten nach den einschlägigen Vorgaben des jeweiligen Haushaltstitels des Haushaltsplans eine freie Planstelle der entsprechenden Wertigkeit im maßgebenden Zeitpunkt des Entstehens des monatlichen Anspruchs zur Verfügung steht. Fehlt es auf der Ebene des Haushaltsplans an einer festen Verknüpfung zwischen einem konkret-funktionellen Amt (Dienstposten) und einer bestimmten Planstelle (sog. Topfwirtschaft) ist entscheidend, ob und wie viele freie Planstellen der entsprechenden höheren Wertigkeit nach dem im maßgebenden Zeitpunkt geltenden Haushaltsplan im etatisierten Behördenbereich vorhanden sind6. In diesem Umfang sind die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen gegeben. Erfüllt der Anspruchsteller die sonstigen Tatbestandsvoraussetzungen des § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG a. F., steht ihm der Anspruch auf Gewährung einer Verwendungszulage dem Grunde nach zu. Die Zahl der Anspruchsberechtigten ist für die Tatbestandsseite ohne Belang. Sie ist allein auf der Rechtsfolgenseite von Relevanz.
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die in § 46 Abs. 2 BBesG a. F. bestimmte Rechtsfolge, die Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem Grundgehalt der Besoldungsgruppe des betroffenen Beamten und dem Grundgehalt der Besoldungsgruppe des höherwertigen Amtes zu gewähren, im Sinne einer Obergrenze zu verstehen ist. Der volle Differenzbetrag für alle Anspruchsinhaber kann nur im gesetzlich angenommenen Normalfall der identischen Zahl von Anspruchsberechtigten einerseits und besetzbaren Planstellen andererseits gezahlt werden. Übersteigt im Fall der sog. Topfwirtschaft die Anzahl der Anspruchsberechtigten die Anzahl der besetzbaren Planstellen der entsprechenden Wertigkeit, kann der sich aus § 46 Abs. 2 BBesG a. F. ergebende Differenzbetrag nur anteilig gezahlt werden. Zur Bestimmung der Höhe des zu zahlenden Anteils ist für den Anspruchszeitraum und den etatisierten Behördenbereich monatlich die Anzahl der Anspruchsberechtigten zu ermitteln und zur Anzahl der besetzbaren Planstellen der entsprechenden Wertigkeit ins Verhältnis zu setzen7. Erst und nur in diesem Zusammenhang ist die Zahl der Anspruchsberechtigten von Bedeutung.
Soweit die Beschwerde mit der formulierten Fragestellung über die generelle Anwendbarkeit des § 287 Abs. 2 ZPO auf den Anspruch nach § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG a. F. hinaus geklärt wissen will, ob dem Gericht die Schätzungsbefugnis im Fall (behebbarer) Berechnungsfehler des Dienstherrn eingeräumt ist, führt sie nicht auf eine Rechtsfrage. Ob erforderliche Nachberechnungen mit Schwierigkeiten verbunden sind, die zur Bedeutung des streitigen Teils der begehrten Verwendungszulage in keinem Verhältnis stehen, ist nach den Umständen des konkreten Einzelfalls zu beurteilen und einer verallgemeinerungsfähigen, rechtsgrundsätzlichen Klärung nicht zugänglich. Die Sachverhalts- und Beweiswürdigung einer Tatsacheninstanz ist der Beurteilung des Revisionsgerichts nur insoweit unterstellt, als es um Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geht. Hat das Tatsachengericht von der gerichtlichen Schätzungsbefugnis gemäß § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 287 Abs. 2 ZPO Gebrauch gemacht, beschränkt sich die revisionsgerichtliche Überprüfung darauf, ob die vorinstanzliche Schätzung auf grundsätzlich fehlerhaften Erwägungen beruht, weil ihr unrichtige Maßstäbe zu Grunde gelegt wurden, ob wesentliche Tatsachen außer Acht gelassen oder sonstige Rechtsvorschriften oder Denk- und Erfahrungssätze verletzt worden sind8.
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 26. Januar 2023 – 2 B 20.22
- BGBl. I S. 2163 [↩]
- BGBl. I S. 3020, BBesG a. F. [↩]
- Brem. GBl.2016 S. 924 [↩]
- stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 09.07.2018 – 2 B 38.18, Buchholz 240 § 46 BBesG Nr. 11 Rn. 12 m. w. N. [↩]
- vgl. BVerwG, Urteile vom 09.05.1985 – 2 C 20.82, Buchholz 235 § 48 BBesG Nr. 6 S. 7; vom 12.02.1988 – 8 C 101.86, Buchholz 454.71 § 10 WoGG Nr. 7 S. 4; und vom 25.02.1994 – 8 C 14.92, BVerwGE 95, 176 <187 f.> m. w. N.; Beschluss vom 26.09.2007 – 9 B 12.07, NVwZ 2008, 88 f.; vgl. auch Urteile vom 07.05.1981 – 2 C 25.80, Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 32 S. 10; vom 01.03.1995 – 8 C 36.92, Buchholz 303 § 287 ZPO Nr. 3 S. 11 f.; und vom 20.01.2005 – 3 C 15.04, Buchholz 418.6 TierSG Nr. 18 S. 10 zur entsprechenden Anwendung von § 287 Abs. 1 ZPO [↩]
- vgl. BVerwG, Urteile vom 25.09.2014 – 2 C 16.13, BVerwGE 150, 216 Rn. 13; und vom 10.12.2015 – 2 C 28.13, Buchholz 240 § 46 BBesG Nr. 8 Rn.19; Beschlüsse vom 29.12.2014 – 2 B 110.13, Buchholz 240 § 46 BBesG Nr. 7 Rn. 10 f. und 11.04.2016 – 2 B 92.15 u. a., Buchholz 240 § 46 BBesG Nr. 9 Rn. 22, 26. [↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 25.09.2014 – 2 C 16.13, BVerwGE 150, 216 Rn.20 f.; Beschluss vom 13.02.2020 – 2 B 43.19, Buchholz 240 § 46 Nr. 15 Rn. 10 f. zum Berechnungsverfahren im Einzelnen [↩]
- BVerwG, Urteile vom 01.03.1995 – 8 C 36.92, Buchholz 303 § 287 ZPO Nr. 3 S. 11 f.; und vom 20.01.2005 – 3 C 15.04, Buchholz 418.6 TierSG Nr. 18 S. 10; Beschluss vom 26.09.2007 – 9 B 12.07, NVwZ 2008, 88 <89> [↩]