Mehrleistungen der Unfallkasse – und die beamtenrechtliche Hinterbliebenenversorgung

Die Gewährung von Mehrleistungen nach dem Siebten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) zu einer Witwen- und Halbwaisenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung darf nicht den beamtenrechtlichen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung schmälern.

In dem hier vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall hatten die Ehefrau und die Kinder eines verbeamteten Universitätsprofessors geklagt, der bei einem Unfall im Jahr 2013 auf dem Canale Grande in Venedig zwar seine Ehefrau und die drei minderjährigen Kinder rettete, dabei aber selbst ums Leben kam. Der beklagte Freistaat Bayern gewährt den Klägern seitdem Hinterbliebenenversorgung. Seit April 2018 zahlt die Unfallkasse den Klägern eine Witwen- und Halbwaisenrente sowie eine Mehrleistung nach den Bestimmungen des SGB VII. Daraufhin änderte der Freistaat die Hinterbliebenenversorgung und rechnete – nur – die Witwen- und Halbwaisenrente auf die den Klägern zustehenden Versorgungsbezüge an. Die entsprechenden Bescheide nahm der Freistaat später zurück und erstreckte die Anrechnung auch auf die den Klägern von der Unfallkasse gewährten Mehrleistungen.

Die hiergegen nach erfolglos durchgeführten Vorverfahren erhobenen Klagen sind sowohl vor dem Verwaltungsgerichtshof Würzburg1 wie auch vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichshof2 ohne Erfolg geblieben. Auf die Revisionen der Witwe und der Kinder hat das Bundesverwaltungsgericht die Entscheidungen der Vorinstanzen und die angegriffenen Bescheide aufgehoben: 

Der Dienstherr ist verpflichtet, so das Bundesverwaltungsgericht, den Beamten und seine Familie lebenslang angemessen zu alimentieren.

Anrechnungsregelungen des Beamtenversorgungsrechts verfolgen den Zweck, eine Doppelversorgung des Beamten aus öffentlichen Kassen zu vermeiden. Zu einer Doppelversorgung kommt es, wenn neben dem Anspruch auf Versorgungsbezüge zusätzlich Ansprüche auf Leistungen nach dem Sozialversicherungsrecht mit Lohnersatz- oder Unterhaltsersatzfunktion bestehen.

Den hier streitigen Mehrleistungen kommt im Gegensatz zu der nach dem SBG VII gewährten Witwen- und Halbwaisenrente nicht primär eine Lohnersatz- oder Unterhaltsersatzfunktion zu. Sie werden vielmehr in erster Linie zur Honorierung einer Aufopferung des Einzelnen im Interesse des Gemeinwohls gewährt. Deshalb sind sie nicht auf die Versorgungsbezüge anzurechnen.

Bundesverwaltungsgericht, Urteile vom 11. April 2024 – 2 C 6.23 – 9.23

  1. VG Würzburg, Urteile vom 08.12.2020 – W 1 K 20.770-772 []
  2. BayVGH, Urteile vom 13.03.2023 – 3 B 22.690, 22.692-694 []