Die verweigerte amtsärztliche Untersuchung

Wird aus der Verweigerung einer – rechtmäßig angeordneten – ärztlichen Begutachtung auf die Dienstunfähigkeit eines Beamten geschlossen, entfällt die Pflicht des Dienstherrn zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung.

In dem hier vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall hatte im Dienst des beklagten Landes Brandenburg stehende Lehrerin geklagt. Aufgrund verschiedener dienstlicher Konflikte, die aus Sicht des Dienstherrn Anlass zu Zweifeln an ihrer Dienstfähigkeit gaben, wurde ihr die Führung der Dienstgeschäfte wegen pädagogisch unangemessenen Verhaltens und der Missachtung dienstlicher Weisungen untersagt. Außerdem wurde die Klägerin mehrfach erfolglos aufgefordert, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zur Feststellung ihrer Dienstfähigkeit zu unterziehen. Auch im daraufhin eingeleiteten Zurruhesetzungsverfahren kam sie der Untersuchungsaufforderung nicht nach. Darauf wurde die Klägerin in den Ruhestand versetzt. Da sie sich der amtsärztlichen Untersuchung verweigert habe, sei im Rahmen einer freien Beweiswürdigung von ihrer Dienstunfähigkeit auszugehen. Eine anderweitige Verwendung erscheine nicht möglich, weil davon ausgegangen werden müsse, dass ihre hartnäckige Weigerung, Weisungen zu befolgen, auch auf anderen Dienstposten zu schwerwiegenden Störungen des Betriebsfriedens führen würde.

Die nach erfolglos durchgeführtem Vorverfahren erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Potsdam abgewiesen1, ihre Berufung das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zurückgewiesen2. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision der Lehrerin wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zugelassen, welche Anforderungen an die Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit (vgl. § 26 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 BeamtStG) zu stellen sind, wenn die Dienstunfähigkeit eines Beamten wegen Beweisvereitelung zu dessen Nachteil angenommen wird, sie nunmehr aber ebenfalls als unbegründet zurückgewiesen:

Auch dann, wenn die Folgen der Verweigerung einer ärztlichen Untersuchung nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt sind, kann nach dem Rechtsgedanken der §§ 427, 444 und 446 ZPO von der Verweigerung , sich ärztlich untersuchen zu lassen, auf die Dienstunfähigkeit des Beamten geschlossen werden.

Die Annahme der Beweisvereitelung setzt aber voraus, dass die Untersuchungsanordnung rechtmäßig ist. Hierfür ist unter anderem erforderlich, dass die tatsächlichen Anhaltspunkte, die Zweifel an der Dienstfähigkeit des Beamten begründen, in der Anordnung aufgeführt sind. Der Beamte muss in die Lage versetzt werden zu entscheiden, ob er das Risiko, sich der ärztlichen Untersuchung nicht zu unterziehen, in Kauf nehmen oder ggf. ein gerichtliches Eilverfahren anstrengen möchte. Art (Fachrichtung) und Umfang der Untersuchung sind in der Anordnung vom Dienstherrn zu bestimmen.

Die Festlegung des Umfangs (etwa orientierende Untersuchung / fachärztliche Zusatzbegutachtungen) dient der Beschränkung der Untersuchung auf das für die Feststellung der Dienstunfähigkeit erforderliche Maß. Einer Festlegung des Untersuchungsablaufs oder einzelner Untersuchungsmethoden bedarf es dabei nicht.

Ist die Untersuchung rechtmäßig angeordnet worden und hat der Beamte ihr nicht Folge geleistet, darf der Dienstherr von dessen Dienstunfähigkeit ausgehen. In diesem Fall entfällt auch die Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendbarkeit, weil mangels jeglicher ärztlicher Erkenntnisse von einem fehlenden Restleistungsvermögen des Beamten auszugehen ist.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 27. Juni 2024 – 2 C 17.23

  1. VG Potsdam, Urteil vom 18.10.2017 – 2 K 4177/17 []
  2. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.03.2023 – 4 B 6/20 []