Ablehnung eines Höhergruppierungsantrags – und die Mitbestimmung des Personalrats

Die durch einen Antrag auf Höhergruppierung nach § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA ausgelöste Rechtsanwendung des Dienststellenleiters unterliegt – wenn der Antrag abgelehnt wird – als (Neu-)Eingruppierung der Mitbestimmung des Personalrats nach § 65 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 NPersVG.

Unter Eingruppierung im Sinne dieser Vorschrift bzw. der Parallelbestimmungen in anderen Personalvertretungsgesetzen ist die Einreihung des Arbeitnehmers in ein kollektives Entgeltschema zu verstehen. Sie ist ein Akt strikter Rechtsanwendung auf der Grundlage von abstrakt-generell bestimmten tätigkeits- oder personenbezogenen Faktoren, die für die Wertigkeit der jeweiligen Arbeitnehmertätigkeiten im Verhältnis zueinander von Bedeutung sind und den Leistungsgrund für das Entgelt bilden. Die Mitbestimmung des Personalrats hierbei ist kein Mitgestaltungs- sondern ein Mitbeurteilungsrecht. Sie soll sicherstellen, dass die Rechtsanwendung möglichst zutreffend erfolgt. Es geht darum, die Einreihung des Beschäftigten in eine Vergütungs, Lohn- oder Entgeltgruppe im Wege der Subsumtion der auszuübenden Tätigkeit, Qualifikation und beruflichen Erfahrung unter die abstrakt-generellen Merkmale der in der Dienststelle angewandten Entgeltordnung zu kontrollieren. Diese Kontrolle der Vereinbarkeit der Eingruppierung mit den anzuwendenden tarifrechtlichen Vorgaben dient der Wahrung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes, der Lohngerechtigkeit und der Transparenz der Entgeltpraxis, mithin der Stärkung des Friedens innerhalb der Dienststelle1.

Die Mitbestimmung des Personalrats bei der Eingruppierung ist nicht auf die erstmalige Eingruppierung aus Anlass der Einstellung eines Arbeitnehmers beschränkt2. Sie erstreckt sich auch auf die Überprüfung einer bestehenden Eingruppierung aus Anlass einer wesentlichen Veränderung der Eingruppierungssituation. Eine solche ist nicht nur bei einer – hier fehlenden – wesentlichen Veränderung des Aufgabenkreises eines eingruppierten Arbeitnehmers gegeben3. Sie liegt auch vor, wenn bei gleichbleibender Tätigkeit des Arbeitnehmers ein neues Entgeltschema zur Anwendung kommt. Denn die Anwendung eines neuen Entgeltschemas setzt stets eine erneute Subsumtion voraus, deren Richtigkeit der Personalrat überprüfen kann und darf. Dabei spielt es keine Rolle, ob sich infolge der neuen Eingruppierung die Höhe der Vergütung im Ergebnis ändert4.

Bleibt es bei der bisherigen Entgeltgruppe, scheitert die Mitbestimmung des Personalrats im Fall der Anwendung einer neuen Entgeltordnung auch nicht am Maßnahmebegriff. Die Maßnahme, an welche die Mitbestimmung anknüpft, liegt in diesem Fall in der dem Dienststellenleiter auferlegten Überprüfung der bestehenden Eingruppierung anhand der abstrakt-generellen Merkmale der neuen Entgeltordnung und der5 Kundgabe des hierbei gefundenen Ergebnisses.

In Anwendung dieser rechtlichen Vorgaben handelt es sich bei der – hier allein zur Überprüfung gestellten – Ablehnung eines Höhergruppierungsantrages nach § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA durch den Dienststellenleiter um eine mitbestimmungspflichtige (Neu-)Eingruppierung im Sinne des § 65 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 NPersVG. Denn der Höhergruppierungsantrag führt zu einer rechtlichen Beurteilung des Dienststellenleiters, die als ein Akt der Rechtsanwendung der Mitbeurteilung des Personalrats unterliegt. Das ergibt sich aus der tariflichen Überleitungsautomatik der §§ 29 ff. TVÜ-VKA.

§ 29a Abs. 1 TVÜ-VKA legt fest, dass die Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in die zum 1.01.2017 in Kraft getretene neue Entgeltordnung zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst für die Dauer der unverändert auszuübenden Tätigkeit unter Beibehaltung der bisherigen Entgeltgruppe erfolgt (Satz 1) und eine Überprüfung und Neufeststellung der Eingruppierungen aufgrund der Überleitung nicht stattfindet (Satz 2). Damit wird nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts6, von der abzuweichen kein Anlass besteht, die in § 12 TVöD-VKA vorgeschriebene Tarifautomatik außer Kraft gesetzt. Das kann nach der Vorstellung der Tarifvertragsparteien im Einzelfall dazu führen, dass ein Beschäftigter nicht in die Entgeltgruppe eingruppiert ist, deren abstrakt-generellen Merkmale die von ihm auszuübende Tätigkeit erfüllt. Dem trägt das den Beschäftigten in § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA eingeräumte Antragsrecht Rechnung. Danach haben Beschäftigte nach Einführung der Entgeltordnung für ein Jahr befristet die Möglichkeit, einen Antrag auf Höhergruppierung zu stellen, ohne dass ihnen eine höherwertige Tätigkeit übertragen wurde. Mit einem solchen Antrag wird nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts7, der das Bundesverwaltungsgericht ebenfalls folgt, die Tarifautomatik wiederhergestellt. Bereits der Antrag des Beschäftigten auf Höhergruppierung bewirkt, dass der Dienststellenleiter die Tätigkeit des betreffenden Beschäftigten erstmalig an den abstrakt-generellen Merkmalen der neuen Entgeltordnung VKA messen und rechtlich bewerten muss, ob es für diesen bei der im Rahmen seiner Überleitung in diese Entgeltordnung nach § 29a Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA beibehaltenen bisherigen Entgeltgruppe bleibt oder er danach höhergruppiert ist. Die durch den Höhergruppierungsantrag ausgelöste Subsumtion der auszuübenden Tätigkeit unter die rechtlichen Vorgaben der neuen Entgeltordnung durch den Dienststellenleiter stellt einen Akt der Rechtsanwendung dar8, der nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen im Falle der Antragsablehnung unter dem Gesichtspunkt der Eingruppierung im Sinne des § 65 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 NPersVG der Mitbeurteilung des Personalrats unterliegt.

Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 19. Oktober 2021 – 5 P 3.20

  1. stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 15.05.2012 – 6 P 9.11, Buchholz 251.4 § 87 HmbPersVG Nr. 3 Rn. 11 ff.; und vom 26.05.2015 – 5 P 9.14, Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 125 Rn. 17 []
  2. vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.03.2017 – 5 PB 1.16 – PersV 2017, 381 m.w.N. []
  3. vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.11.2011 – 6 P 23.10, BVerwGE 141, 134 Rn. 21 f. []
  4. vgl. BVerwG, Beschluss vom 12.08.2021 – 5 P 4.20 11 m.w.N. []
  5. gegebenenfalls konkludenten []
  6. vgl. BAG, Urteile vom 19.11.2020 – 6 AZR 449/19 – ZTR 2021, 137 Rn. 29; und vom 23.02.2021 – 1 ABR 4/20 – ZTR 2021, 417 Rn. 35, jeweils m.w.N. []
  7. vgl. BAG, Urteile vom 19.11.2020 – 6 AZR 449/19 – ZTR 2021, 137 Rn. 29; und vom 23.02.2021 – 1 ABR 4/20 – ZTR 2021, 417 Rn. 36, jeweils m.w.N. []
  8. BAG, Urteil vom 23.02.2021 – 1 ABR 4/20 – ZTR 2021, 417 Rn. 28, 30, 36 f. []