Der Garantiebetrag im Tarifbereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände
Der Garantiebetrag nach § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD-V aF ist zusätzlich zum jeweiligen Entgelt der Entgeltgruppe, aus der der Arbeitnehmer höhergruppiert worden ist, zu zahlen.
Das ergibt für das Bundesarbeitsgericht die Auslegung der Tarifnorm1.
Ein Beschäftigter, der befördert bzw. dessen Tätigkeit im Zusammenhang mit der Einführung der EGO höher bewertet worden ist, ist in die höhere Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmale der neuen Tätigkeit entsprechen, und nach § 17 Abs. 4 Satz 1 TVöD-V aF der Stufe zugeordnet, in der er mindestens sein bisheriges Tabellenentgelt erhält. Er befindet sich damit zwar eingruppierungsrechtlich und bezogen auf die Stufenlaufzeit in der Aufstiegsentgeltgruppe. Jedoch erhält dieser Arbeitnehmer nach dem unmissverständlichen Wortlaut des § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD-V aF „anstelle“ des Unterschiedsbetrags zwischen dem bisherigen Tabellenentgelt und dem Tabellenentgelt der Aufstiegsentgeltgruppe einen – abhängig von der Entgeltgruppe betragsmäßig variierenden – fixen Garantiebetrag, wenn die Entgeltdifferenz zwischen der Ausgangsentgeltgruppe und der Aufstiegsentgeltgruppe einen bestimmten Wert, nämlich diesen Garantiebetrag, unterschreitet. Mit der Formulierung „anstelle“ des Unterschiedsbetrags haben die Tarifvertragsparteien zum Ausdruck gebracht, dass der jeweilige Garantiebetrag diesen Differenzbetrag bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD-V aF ersetzt2. Gezahlt wird nicht der sich aus der neuen Stufe in der Aufstiegsentgeltgruppe, bezogen auf das Tabellenentgelt (§ 15 Abs. 1 TVöD-V), ergebende Unterschiedsbetrag, sondern der Garantiebetrag. Daraus folgt zugleich, dass der Beschäftigte während der betreffenden Stufenlaufzeit noch nicht das Entgelt der Aufstiegsentgeltgruppe erhält, sondern weiter ein (dynamisiertes) Entgelt in Höhe seines bisherigen Tabellenentgelts zuzüglich des Garantiebetrags3. Damit sieht § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD-V aF für die Dauer der Stufenlaufzeit, jedenfalls solange das Tabellenentgelt der Aufstiegsentgeltgruppe dasjenige der Ausgangsentgeltgruppe zuzüglich des Garantiebetrags nicht aufgrund von Tariferhöhungen überschreitet, ein eigenes Entgeltregime vor. Der höhergruppierte Beschäftigte erhält danach ein Entgelt, das über dem seiner neuen Entgeltgruppe und -stufe liegt. Dieses Entgeltregime hat zur Folge, dass der Garantiebetrag als solcher zwar durch allgemeine Tariferhöhungen nicht gekürzt wird, sich aber dadurch die Differenz zum Tabellenentgelt der Aufstiegsentgeltgruppe stetig verringert. § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD-V aF gewährleistet – entgegen der Auffassung des Arbeitnehmers und anders als das Landesarbeitsgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 22.01.20204 angenommen hat – nämlich keinen Mindestabstand zwischen dem bisherigen Tabellenentgelt und dem Entgelt der Aufstiegsentgeltgruppe für die Dauer der Stufenlaufzeit. Vor dem Hintergrund der Festlegung eines fixen Garantiebetrags hätte es für eine solche Mindestabstandsklausel einer eindeutigen Regelung durch die Tarifvertragsparteien bedurft. Daran fehlt es.
Dieses Wortlautverständnis steht auch im Einklang mit Sinn und Zweck des § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD-V aF. Das für Höhergruppierungen bis einschließlich 28.02.2017 geltende Regelungskonzept, welches keine stufengleiche, sondern eine betragsgemäße Stufenzuordnung vorsah, hatte zur Folge, dass die Beschäftigten Gefahr liefen, durch die Höhergruppierung Entgeltnachteile zu erleiden5. Die Tarifnorm sollte nach dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien deshalb sicherstellen, dass der im Stufenzuordnungssystem des TVöD-V aF angelegte potentielle Entgeltverlust nicht lediglich durch die das bisherige Tabellenentgelt gewährleistende und damit besitzstandswahrende Regelung in § 17 Abs. 4 Satz 1 TVöD-V aF vermieden wurde. Vielmehr sollte der höhergruppierte Arbeitnehmer durch einen monatlichen Garantiebetrag einen zusätzlichen Mindestentgeltgewinn erhalten6. Ein solcher Mindest-entgelt- bzw. Mindesthöhergruppierungsgewinn kann sich jedoch nur gegenüber dem Tabellenwert der bisherigen Entgeltgruppe ergeben und ist deshalb zusätzlich zu diesem zu zahlen. Zwar hätten die Tarifvertragsparteien einen stärkeren Anreiz für leistungsbereite und motivierte Beschäftigte, sich auf ein mit erhöhten Arbeitsanforderungen und mehr Verantwortung einhergehendes Beförderungsamt zu bewerben, schaffen können, indem sie zB für die Dauer der Stufenlaufzeit einen Mindestabstand zwischen dem Entgelt der Ausgangsentgeltgruppe und demjenigen der Aufstiegsentgeltgruppe gewährleistet hätten. Hierfür hätte es aber – wie bereits unter Rn. 14 ausgeführt – angesichts des unmissverständlichen Wortlauts des § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD-V aF in Bezug auf den Garantiebetrag einer entsprechenden eindeutigen Anordnung bedurft, an der es gerade fehlt.
Diesem Verständnis steht § 17 Abs. 4 Satz 6 TVöD-V aF nicht entgegen. Die Norm bestimmt lediglich den Zeitpunkt, ab wann der Beschäftigte das neue Tabellenentgelt nach Satz 1 erhält und legt damit fest, dass auch im Laufe eines Monats erfolgende Höhergruppierungen einen entsprechend höheren Vergütungsanspruch für den gesamten Monat begründen.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16. Juni 2021 – 6 AZR 281/20
- zu den für Tarifverträge maßgeblichen Auslegungsgrundsätzen BAG 11.11.2020 – 4 AZR 210/20, Rn.20 mwN [↩]
- vgl. Duden Das Synonymwörterbuch 7. Aufl. Stichwort „anstelle“ [↩]
- zu der inhaltsgleichen Regelung in § 16 Abs. 3 Satz 2 KDVO BAG 15.11.2018 – 6 AZR 240/17, Rn. 38 mwN [↩]
- 7 Sa 390/19, zu II 2 b der Gründe [↩]
- ausführlich zur inhaltsgleichen Regelung des § 17 Abs. 4 TV-L BAG 24.10.2013 – 6 AZR 964/11, Rn. 21 f. mwN [↩]
- BAG 15.11.2018 – 6 AZR 240/17, Rn. 38 mwN [↩]