Stufenzuordnung nach Höhergruppierung auf Antrag – und die Stichtagsregelung des TVÜ-VKA

Die Beschränkung des Anspruchs auf stufengleiche Höhergruppierung auf Höhergruppierungen ab dem Inkrafttreten der Neuregelung in § 17 Abs. 4 TVöD-K (§ 29b Abs. 2 Satz 1 TVÜ-VKA) verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

Dies gilt zum einen für den Stichtag, zu dem die stufengleiche Höhergruppierung eingeführt worden ist. Das gilt aber auch, soweit Beschäftigte, die aufgrund eines Antrags nach § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA höhergruppiert sind, anders als die Beschäftigten, die nach dem 28.02.2017 anlässlich der Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit höhergruppiert werden, an der stufengleichen Höhergruppierung nicht teilhaben.

Von Tarifvertragsparteien bestimmte Stichtagsregelungen sind lediglich daraufhin zu überprüfen, ob der Stichtag willkürlich gewählt ist. Dies ist hinsichtlich der Wahl des Stichtags bzgl. des Inkrafttretens von § 17 Abs. 4 TVöD-K nF – entgegen der Ansicht des Arbeitnehmers – offenkundig nicht der Fall. Die ausschließlich zukunftsbezogene Umstellung der Regelungen zur Stufenzuordnung ist Teil eines tariflichen Gesamtkompromisses und rechtlich nicht zu beanstanden1.

Ein Gleichheitsverstoß liegt auch nicht in der unterschiedlichen Behandlung der einerseits § 17 Abs. 4 TVöD-K nF und andererseits § 29b Abs. 1, Abs. 2 TVÜ-VKA, § 17 Abs. 4 TVöD-K in der bis zum 28.02.2017 geltenden Fassung unterfallenden Beschäftigten. Diese beiden Gruppen sind nicht vergleichbar. Auch das hat das Bundesarbeitsgericht bereits entschieden2.

Soweit der Arbeitnehmer meint, er habe sich nicht wirklich frei für oder gegen einen Höhergruppierungsantrag entscheiden können, verkennt er, dass die Tarifvertragsparteien die Tarifautomatik für die übergeleiteten Beschäftigten mit § 29a TVÜ-VKA gerade außer Kraft gesetzt haben. Die nach den tariflichen Regelungen allein dem Beschäftigten obliegende Entscheidung, keinen Höhergruppierungsantrag nach § 29b Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA zu stellen, führt danach entgegen der Annahme des Arbeitnehmers nicht zu einer unzutreffenden, weil gegen die Bestimmungen der Entgeltordnung verstoßenden Eingruppierung. Die Tarifautomatik wird erst dadurch und nur in dem Fall wiederhergestellt, dass bereits Beschäftigte nach Einführung der Entgeltordnung innerhalb der dafür eröffneten Frist einen Antrag auf Höhergruppierung stellen3.

Diese Tarifsystematik begründet auch keinen Verstoß gegen das sich aus Art.20 Abs. 3 GG ergebende Rückwirkungsverbot4. Das neue, allein in die Zukunft gerichtete Entgeltsystem greift nicht in eine bereits vorhandene Rechtsposition ein. Entgegen der Auffassung des Arbeitnehmers blieb es den Tarifvertragsparteien unbenommen, die aus seiner Sicht schon seit 2005 zutreffende Höherbewertung der Tätigkeit als Bereichsleitung mit Vergütungsgruppe Kr 11a BAT/Entgeltgruppe P 14 TVöD (VKA) anstatt mit Vergütungsgruppe Kr 9c BAT erst zu dem von ihnen gewählten Stichtag der Einführung einer neuen Entgeltordnung vorzunehmen. Tatsächlich erstrebt der Arbeitnehmer nicht die Wahrung seines Besitzstandes, sondern die Verknüpfung der Vorteile der Höherbewertung seiner Tätigkeit in der EGO und der unabhängig davon eingeführten Änderung der Regelungen zur Stufenzuordnung nach Höhergruppierung. Hierauf hat er keinen Anspruch. Die Tarifvertragsparteien sind bei einem Systemwechsel nicht verpflichtet, bloßen Erwartungen von Beschäftigten Rechnung zu tragen5. Ein diesbezüglich gleichwohl entwickeltes Vertrauen des Arbeitnehmers ist rechtlich nicht schützenswert.

Es  liegt offenkundig auch keine mittelbare Altersdiskriminierung darin, dass Beschäftigte, die aufgrund einer Höherbewertung ihrer unverändert gebliebenen Tätigkeit nach ihrer Überleitung in die neue EGO auf ihren Antrag nach § 29b Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA höhergruppiert sind, an der Umstellung auf eine stufengleiche Zuordnung nach Höhergruppierung nicht teilnehmen. Weder die Stichtagsregelung des § 17 Abs. 4 TVöD-K nF noch die Rechtsfolgenverweisung in § 29b Abs. 2 Satz 1 TVÜ-VKA auf § 17 Abs. 4 TVöD in der bis zum 28.02.2017 geltenden Fassung stehen in einem Bezug zum Merkmal „Alter“. Vor dem Hintergrund der vielfältigen Tätigkeitsmerkmale im Entgeltsystem des TVöD (VKA) sowie der unterschiedlichen Berufsverläufe im öffentlichen Dienst gibt es auch keine erkennbaren Zusammenhänge zwischen dem Lebensalter und dem Zeitpunkt einer etwaigen Höhergruppierung und der damit einhergehenden Stufenzuordnung. Entsprechend fehlt es an einem – auch nur mittelbaren – Zusammenhang zwischen etwaigen Privilegierungen bzw. Benachteiligungen und dem Alter der Beschäftigten durch die Umstellung auf eine stufengleiche Höhergruppierung ab dem 1.03.2017 mit der damit verbundenen Neufassung des § 17 Abs. 4 TVöD-K, zumal diese Systemumstellung für alle Entgeltgruppen und Stufen gleichermaßen gilt.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. März 2021 – 6 AZR 146/20

  1. ausführlich BAG 19.11.2020 – 6 AZR 449/19, Rn. 24 f. mwN []
  2. sh. BAG 19.11.2020 – 6 AZR 449/19, Rn. 27 f. mwN []
  3. so bereits BAG 19.11.2020 – 6 AZR 449/19, Rn. 29 mwN; 22.10.2020 – 6 AZR 74/19, Rn. 16 mwN []
  4. grundlegend hierzu BAG 23.11.1994 – 4 AZR 879/93, zu II 2 der Gründe, BAGE 78, 309; vgl. auch BAG 19.12.2019 – 6 AZR 563/18, Rn. 35 mwN, BAGE 169, 163 []
  5. vgl. zB BAG 17.12.2009 – 6 AZR 665/08, Rn. 27 mwN; 13.08.2009 – 6 AZR 752/08, Rn. 30 []